# taz.de -- CCS-Technologie in Dänemark: Sprudelndes Öl dank CO2 | |
> Um das letzte Öl aus Feldern unter dem Meeresboden herauszuholen, will | |
> Dänemark CO2 in die Bohrlöcher verpressen. Entstehen Lecks, könnte das | |
> Wasser versauern. | |
Bild: Die dänische Ölförderung ist auch ohne CCS schon umstritten: Greenpeac… | |
STOCKHOLM taz | Immer weniger Öl fließt aus den Bohrlöchern im dänischen | |
Sektor der Nordsee. Um auch die allerletzten Tropfen des fossilen | |
Energieträgers herauszuholen, will die Regierung in Kopenhagen nun auf eine | |
umstrittene Technologie zurückgreifen. | |
Mehrere hunderttausend Tonnen des Treibhausgases CO2 sollen in den | |
Untergrund verpresst werden und das Restöl herausspülen. Diese Pläne sind | |
nicht nur in Dänemark umstritten. Sie haben auch in Schleswig-Holstein | |
Proteste ausgelöst: Betroffen wäre ein Meeresgebiet nur 200 Kilometer | |
nordwestlich von Sylt. | |
Das Hauptproblem sehen Umweltschützer in den Umweltfolgen: „Wenn die | |
Kavernen nicht dichthalten und CO2 ins Meer gelangt, könnte dieses | |
umfassend versauern“, sagt Reinhard Knof, Sprecher der Bürgerinitiative | |
gegen CO2-Endlager. Damit würde ein großer Teil marinen Lebens unmöglich. | |
Das werde nicht passieren, heißt es bei der dänischen Energiebehörde | |
Energistyrelsen. Die Bohrlöcher könnten sicher verschlossen werden. Eine | |
jetzt veröffentlichte Umweltverträglichkeitsanalyse der Behörde kommt | |
allerdings zu dem gegenteiligen Schluss. Danach wären diverse | |
Meeressäugetiere, Fische und Vögel gefährdet – nur werden diese als „nic… | |
wesentlich für das Bestandsniveau“ eingeschätzt. | |
## Von der Bevölkerung nicht akzeptiert | |
Vor allem aber überrascht, dass Kopenhagen die CO2-Verpressung unter dem | |
Meeresboden überhaupt verfolgt. Schließlich hatte sich die | |
Mitte-links-Regierung im vergangenen Jahr vom sogenannten Carbon Dioxide | |
Capture and Storage (CCS) verabschiedet – weil die Methode zu unsicher und | |
von der Bevölkerung nicht akzeptiert werde, aber auch weil CCS mit der | |
langfristigen Klimastrategie des Landes nicht vereinbar sei: Mit dem | |
Verzicht wolle man „ein Signal setzen“, hieß es damals in einer | |
Regierungserklärung. Dänemark will bis 2035 ohne Kohle und Gas für die | |
Strom- und Fernwärmeproduktion auskommen. | |
Für mögliche CO2-Lager in dänischen Territorialgewässern unter dem | |
Meeresboden soll dieses Signal nun offenbar nicht gelten. Eine Frage des | |
Geldes? „Jedes Prozent Ölförderungsgrad mehr bedeutet Milliarden extra | |
Steuereinnahmen, mit denen wir gesamtgesellschaftliche Maßnahmen | |
finanzieren können“, erklärte Klima- und Energieminister Martin Lidegaard. | |
Bei der Offshore-Verpressung, die genauer Enhanced Oil Recovery (EOR), also | |
„verbesserte Ölgewinnung“, heißt, wird das CO2 unter hohem Druck in das | |
Bohrloch gepresst. Damit verdrängt es das Öl nicht nur, es macht es auch | |
flüssiger und leichter abpumpbar. Allerdings kommt, solange das Öl | |
gefördert wird, auch ein Teil des eingepressten CO2 wieder mit nach oben, | |
wo es wiederum abgetrennt und erneut in die Tiefe gedrückt werden muss. | |
Erst wenn die Vorkommen erschöpft sind, sollen die Bohrlöcher endgültig | |
verschlossen und das CO2 in den leeren Kavernen angeblich dauerhaft sicher | |
eingeschlossen sein. Energistyrelsen hat errechnet, dass Dänemark so seine | |
Position als Nettoexportland von Erdöl bis 2030 halten könne. | |
## Beschleunigung des Klimawandels | |
„Aber was ist mit den Klimazielen?“, fragt Tarjei Haaland, Energieexperte | |
von Greenpeace: „Die Verpressung ist eine Investition in die weitere | |
Beschleunigung des Klimawandels.“ So werde weiterhin Öl gefördert und | |
verbraucht. Dänemark müsse sich aber entscheiden, „ob es weiterhin ein | |
Ölstaat oder ein grünes Vorbild sein will“. | |
Skurril ist, dass Dänemark wegen des Verzichts auf die CCS-Technik selbst | |
aus seinen Fossilkraftwerken überhaupt kein CO2 abspaltet. Deshalb wäre man | |
gezwungen, das Gas zu importieren. Und das wirft neue Probleme auf. | |
Energistyrelsen hat bereits eine internationale Ausschreibung für Anbieter | |
von CO2 für die EOR-Verpressung angekündigt. Sollten hier Abschlüsse | |
zustande kommen, müssten nicht nur neue Rohrleitungen zu den | |
Offshoreanlagen verlegt werden. | |
Auch bis an die dänische Küste müsste das CO2 erst über Pipelines | |
herangeschafft werden. Das halten die Betreiber der Plattformen für wenig | |
rentabel: Der Ölkonzern Maersk, der schon länger mit EOR liebäugelt, hat | |
alle entsprechenden Pläne erst einmal vertagt. In Gesprächen mit | |
niederländischen Kraftwerken, die CO2 liefern könnten, sei man auf keine | |
realisierbare Lösung gekommen. | |
20 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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