# taz.de -- Gendatenbank für die Färöer: So schön homogen | |
> Auf den Färöern sollen die Genome aller Bewohner in eine Gendatenbank | |
> aufgenommen werden. Damit soll die Gesundheitsversorgung verbessert | |
> werden. | |
Bild: Einsame Idylle: Durch die lange Isolation der Schafsinseln hat sich dort … | |
STOCKHOLM taz | Die nordatlantischen Färöer-Inseln sind nicht nur ein | |
spannendes Touristenziel. Auch die Bevölkerung ist speziell: Sehr homogen | |
und mit einer gut dokumentierten Geschichte. „Ideal für eine Gendatenbank“, | |
meint Bogi Eliasen vom Gesundheitsministerium der zu Dänemark gehörenden | |
Schafsinseln. Auf der Genkonferenz Copenhagenomics präsentierte er vor | |
wenigen Wochen das Projekt einer öffentlichen Genbank, die möglichst alle | |
50.000 EinwohnerInnen der Färöer umfassen soll. | |
FarGen ist ein Projekt, mit dem man hofft, nicht nur den genetischen | |
Besonderheiten der eigenen Bevölkerung auf die Spur zu kommen. Die Daten | |
sollen auch für das dortige Gesundheitswesen nutzbar gemacht und das Modell | |
ihrer Auswertung womöglich zu einem weltweiten Vorbild werden. | |
FarGen ähnelt einem Projekt, das auf Island Ende der 1990er Jahre gestartet | |
worden war. Dem kommerziellen Unternehmen deCode war damals vom | |
isländischen Parlament ein Zugriff auf alle Gesundheitsdaten und | |
Gewebeproben der IsländerInnen eingeräumt worden. Doch wegen mangelhafter | |
Verankerung in der Bevölkerung, fehlendem Kapital und juristischen | |
Problemen wurde schließlich nur ein Teil der EinwohnerInnen erfasst. | |
Auch deCode hatte seinerzeit schon die Färöer im Visier: Die Gendaten von | |
deren Bevölkerung sollten als Kontrollreferenz zu Island dienen, was von | |
der Regierung in Tórshavn aber abgelehnt wurde. | |
## Biobankgesetz ausgehebelt | |
Die damalige Debatte mündete darüber hinaus in ein Biobankgesetz, das alle | |
entsprechenden Daten schützt. Damit in Übereinstimmung stehen würde | |
allerdings eine Ergänzung der persönlichen Gesundheitsdaten durch | |
genetische Informationen, wenn diese zur besseren Gesundheitsversorgung | |
dienen könnten. | |
Genau dies will man mit FarGen nun erreichen. Ärzte sollen durch Abruf der | |
entsprechenden Informationen beispielsweise klären können, ob von einem | |
Medikament gefährliche Nebenwirkungen ausgehen können oder aufgrund | |
erblicher Veranlagung vorbeugende Krankheitsbehandlung angebracht | |
erscheint. Eine bessere Versorgung und ein effektiveres Gesundheitswesen | |
versprechen die Initiatoren. | |
## Stammbäume bis ins 17. Jahrhundert | |
Die homogene Struktur der Bevölkerung, die größtenteils von den Wikingern | |
abstammt, die vor 1.000 Jahren die Inseln besiedelten, und mit Einwohnern, | |
von denen die meisten ihren Stammbaum bis ins 17. Jahrhundert | |
zurückverfolgen können, ist nicht nur für die Wissenschaft von Interesse. | |
Sie könnte auch die öffentliche Akzeptanz für das Datenbankprojekt | |
steigern, weil deren Befürworter mit einem direkten Nutzen argumentieren | |
können. Die Isolation der Inseln hat zu auffälligen Häufungen bestimmter | |
Krankheiten geführt. So etwa die Carnitine Transporter Deficiency, eine | |
erblich bedingte Fettverwertungsstörung, an der vor allem viele junge | |
Menschen sterben. | |
„Das Wissen, das uns eine Gendatenbank beschert, könnte direkt nutzbar | |
gemacht werden“, hofft Bogi Eliasen. Auch was die weitere Erforschung | |
solcher Krankheiten angehe: „Für uns ist das total wichtig, aber weil wir | |
ein kleines Land sind, ist das für die Pharmaindustrie ökonomisch | |
uninteressant.“ | |
Das Projekt soll umgerechnet zwischen 25 und 40 Millionen Euro kosten. Man | |
hofft, dass der langfristige Nutzen für das Gesundheitssystem wesentlich | |
größer sein wird. | |
1 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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