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# taz.de -- Konzern-Klub RB Leipzig: Doch keine Flügel
> Der RB Leipzig wollte ganz schnell in die Bundesliga. Doch der mit Geld
> vom Limomagnaten gepäppelte Klub hängt in der Regionalliga fest.
Bild: Sportdirektor Rangnick (links) und Trainer Zorniger (rechts) wollen RB Le…
LEIPZIG taz | Schwäbischer Singsang ist auf dem weitläufigen Leipziger
Trainingsgelände am Cottaweg zu vernehmen – fünf Autominuten von der
Innenstadt entfernt. An diesem Mittwochmorgen treibt Alexander Zorniger,
der neue Trainer des RB Leipzig, einen Profi beim Passspiel auf dem eng
gesteckten Feld zur Eile an: „Dann isch der Raum zu“, ruft er. Auffällig
oft lobt der 44-Jährige seine Schützlinge. „Sähr, sähr gut!“ Einer der …
Zaungäste erinnert sich an die Stille von früher: „Der Pacult hat gar
nichts gesagt.“
Peter Pacult, der ehemalige Bundesligatrainer und Vorgänger von Zorniger,
ist wie so vieles bereits Geschichte beim erst drei Jahre alten Klub, den
der österreichische Getränkekonzern Red Bull aus der Taufe hob. Nach dem
sofortigen Aufstieg in die Regionalliga wurde es nichts mit dem
Durchmarsch, der in der ersten Bundesliga enden soll.
Vergeblich hat der Firmenchef Dietrich Mateschitz auf für die Regionalliga
überqualifiziertes Führungspersonal gesetzt: Tomas Oral, Dietmar
Beiersdorfer, Thomas Linke sowie Mateschitz-Spezi und Landsmann Pacult
scheiterten alle. Nun lasten die Hoffnungen auf zwei Männern aus der
avantgardistischen süddeutschen Trainergilde.
Ralf Rangnick, der prominente Fußballkonzeptprediger, hat als Sportdirektor
von Red Bull die Oberaufsicht in Leipzig und beim Stammverein in Salzburg.
Für die Detailarbeit hat er in Leipzig mit Trainer Alexander Zorniger einen
Gleichgesinnten ins Boot geholt. Dass es nun am Sonntag zum Derby mit dem
Aufsteiger und klammen Traditionsklub Lokomotive Leipzig kommt, war nicht
vorgesehen im Masterplan von RB.
## „Geiles Hochsicherheitsspiel“
Den Stadtkonkurrenten wollte man längst abgehängt haben. „Ein
Hochsicherheitsspiel – das wird geil“, feixen die Jugendlichen in der
Straßenbahn. Gut 20.000 Zuschauer werden in der Arena von RB erwartet. Die
Beteiligten selbst relativieren. Vor zwei Jahren, erinnert sich RB-Stürmer
Daniel Frahn, sei ihm noch Hass in der Stadt entgegengeschlagen. „Jetzt ist
es das absolute Gegenteil“, behauptet er. „Die Leute mögen uns inzwischen
sogar.“
Das Spannungsverhältnis ist zumindest nicht mehr so groß, das bestätigt
acht Kilometer weiter im Südosten von Leipzig auch Steffen Kubald, der
Teammanager von Lok. Um 15 Uhr fährt er vor der Geschäftsstelle neben dem
baufälligen Bruno-Plache-Stadion vor. Von den größtenteils berufstätigen
Spielern ist hier noch niemand zu sehen. Trainingsbeginn ist erst um 17.30
Uhr. „Im Unterschied zu RB sind wir Amateure“, sagt Kubald.
Der einst insolvente Klub hat 1,7 Millionen Euro Etat für den Gesamtverein
zusammengekratzt, bei RB wird schätzungsweise das Fünffache investiert –
die 30 Millionen Euro, die das in zwei Jahren fertiggestellte
Vorzeigetrainingsgelände am Cottaweg kosten, nicht einmal mitgerechnet.
Gerade weil den Traditionsverein Welten trennen vom österreichischen
Marketinggeschöpf gibt es wenig Reibungsflächen.
Scharmützel befürchtet der einstige Hooligan Kubald, der auch
Sicherheitschef des Vereins und maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass
jüngst die teils rechtsradikale Fanszene in Zaum gehalten werden konnte,
nicht. Die Fans haben zwar einen „Marsch gegen Erzfeind Red Bull“
angekündigt, Kubald aber sagt: „RB hat ja keine Fans der Kategorie B oder
C.“ Einordnungen der Polizei, die für gewaltbereit und gewaltsuchend
stehen.#
## 7.400 Zuschauer im Schnitt
RB Leipzig bleibt jedoch eine Gefahr für den innerbetrieblichen Frieden.
Weil Kubald vor anderthalb Jahren als Präsident von Lok eine Kooperation
mit RB im Jugendbereich eingehen wollte, revoltierte die Mitgliedschaft und
setzte ihn ab. Kubald spricht von „Hardlinern“. Er selbst will auch nicht,
dass das Modell von RB Schule macht. Aber er hält nicht viel von
Dogmatismus. Er besucht regelmäßig die Spiele von RB „wegen des Fußballs�…
Mit der Verheißung auf großen Fußball hat es RB in der letzten Saison
bereits auf 7.400 Zuschauer im Schnitt gebracht. Das ausgehungerte
Leipziger Publikum steckt die brüsken Rückschläge erstaunlich gleichmütig
weg. Jetzt sollen eben Rangnick und Zorniger RB durch das enge Nadelöhr der
Regionalliga führen – selbst der Erste muss für den Aufstieg in die
Relegation.
Die Red-Bull-Angestellten verstehen es pfiffig, Gemeinsinn in Leipzig
herzustellen. Der aus Graz stammende Stürmer Roman Wallner sagte einmal:
„Wir Ösis und Ossis müssen zusammenhalten.“ Man tut einiges für die
Imagepflege. Auf Wunsch von Lok, die eigentlich beim Rückspiel im kalten
Februar Gastgeber sein sollten, hat RB das Heimrecht getauscht und so auf
Mehreinnahmen verzichtet.
Gegenwind gibt es dennoch weiterhin. Kürzlich erst sagte Erzgebirge Aue auf
Druck der eigenen Fans ein Freundschaftsspiel mit RB ab. Nach dem Vorbild
von Hessen Kassel und Union Berlin. „Das kann man doch gar nicht normal
erklären“, sagt Trainer Zorniger. Sein Maßstab ist ausschließlich der
sportliche Erfolg. „Dieses Konzept ist das einzige, das über längere Zeit
zukunftsfähig ist“, sagt er. „Bei allem Respekt vor Dresden und Aue. Ich
glaube keiner von denen hat das Potenzial eine Hausnummer in der 1. Liga zu
werden.“
## Vorläufiger Containertrakt
Bei RB scheut man keinen Aufwand. Auf dem Trainingsgelände sind in dem für
die Profis vorläufigen Containertrakt sogar Entmüdungsbecken und eine Sauna
untergebracht. Zorniger steht ein prominentes Funktionsteam zur Seite.
Neben dem quotenostdeutschen Torwarttrainer Perry Bräutigam ist der vom FC
Bayern München losgeeiste Philipp Laux als Sportpsychologe regelmäßig beim
Team.
Tim Lobinger, deutscher Rekordhalter im Stabhochsprung, hat, wie er sagt,
zwei Angebote von Fußball-Erstligisten ausgeschlagen, um als
Athletiktrainer in Leipzig langfristig an der „Top 5 der
Bundesliga-Angelegenheit“ mitarbeiten zu können. „Ich habe hier einen
großen Spielraum“, schwärmt er.
„Im Unterschied zu Traditionsvereinen sind wir in vielem vielleicht
beweglicher“, sagt Zorniger zu den flachen Hierarchien im Klub. Dass sein
Arbeitgeber nur den ersten Platz goutieren würde, mache ihn nicht nervös.
Der Jahrgangsbeste des letzten DFB-Trainerlehrgangs sagt: „Während meiner
Ausbildung habe ich schon mit den Psychologen gestritten, ob man sich
wirklich langfristige Ziele setzen muss.
Ich bin immer gut damit gefahren, mich nur um das nächste Spiel zu kümmern.
Gegen Lokomotive müssen wir versuchen, das Maximale zu erreichen.“ Diese
Kurzsichtigkeit könnte dem Verein, der so lange schon nach fernen Zielen
stiert, guttun.
31 Aug 2012
## AUTOREN
Johannes Kopp
Johannes Kopp
## TAGS
Fußball
RB Leipzig
Fußball
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