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# taz.de -- Umfrage unter westdeutschen Schülern: Studieren in Fernost
> Die Mauer in den Köpfen ist noch da – auch bei jungen Leuten. Nur 13
> Prozent der westdeutschen Schüler und Abiturienten wollen für ein Studium
> nach Ostdeutschland.
Bild: Hörsaal der Technischen Universität Dresden.
BERLIN dpa | Graue Landschaften, heruntergekommene Plattenbau-Städte und
jede Menge Rechtsextreme: Klischees über Ostdeutschland sind nach einer
Umfrage weiterhin in den Köpfen vieler junger Westdeutscher verwurzelt. Nur
13 Prozent der 16- bis 24-jährigen würden nach einer Umfrage der
Hochschulinitiative Neue Bundesländer für ein Studium an eine ostdeutsche
Hochschule gehen. Ein gutes Viertel kann sich das überhaupt nicht
vorstellen.
Aber es gibt auch eine gute Nachricht. Im Vergleich zu 2009 haben die 44
ostdeutschen Hochschulen deutlich an Image gewonnen – auch im Westen. Ihre
Pluspunkte: Keine Studiengebühren, niedrige Lebenserhaltungskosten und
deutlich weniger Studenten pro Professor.
Seit 2009 befragt die Hochschulinitiative jeweils rund 500 junge Leute sehr
genau zu ihren Studienwünschen - als repräsentative Gruppe innerhalb dieser
Altersklasse. Drei Viertel der Befragten sind junge Westdeutsche, ein
Viertel Ostdeutsche. „Die Vorurteile sind noch da, aber es ist besser
geworden“, fasst Sprecherin Katrin Kuhn die Ergebnisse zusammen.
2009 wollten nur fünf Prozent der befragten Westdeutschen im Osten
studieren. Diffuse Gefühlslagen, nach denen Ostdeutschland „irgendwie
anders“ sei, aber blieben weiterhin. Auch Zweifel an guter Ausbildung,
einer guten technischen Ausstattung und Karrierechancen herrschen bei rund
der Hälfte der interviewten Westdeutschen weiter vor.
## Biotechnologie, Maschinen- und Anlagenbau
Es sind Klischees, denen Peer Pasternack als Direktor des Instituts für
Hochschulforschung in Halle, vehement entgegentritt. „Die ostdeutschen
Hochschulen verfügen inzwischen nicht nur über eine sehr moderne
Ausstattung, sondern auch über intensive Kontakte zu
Forschungsinstitutionen und Unternehmen“, sagt er. Für eine ganze Reihe von
Fächern gebe es wegen des Fachkräftemangels in Ostdeutschland nach dem
Studium fast eine Jobgarantie.
Zum Beispiel in den Branchen Biotechnologie, Maschinen- und Anlagenbau oder
Public Health, ergänzt Kuhn. Die Vorurteile aus dem Westen nehmen die
ostdeutschen Hochschulen inzwischen mit Humor: Sie werben mit dem Slogan
„Studieren in Fernost“.
Nach der jüngsten Umfrage schauen künftige Studenten bei ihrer
Hochschulwahl vor allem auf niedrige Lebenserhaltungskosten, die Höhe der
Studiengebühren, eine hohe Qualität der Lehre und gute Jobchancen. Ein
Drittel möchte dabei aber am liebsten erst einmal in der Heimatregion
bleiben. Die jungen Westdeutschen zeigen sich insgesamt zwar etwas mobiler
als die Ostdeutschen, die vor allem Berlin als Studienort im Visier haben.
Aber Greifswald kommt Abiturienten zwischen Flensburg und München für ein
Studium eher selten in den Sinn – wenn sie nicht in stark gefragten Fächern
wie Medizin oder Pharmazie zentral dorthin gebucht werden.
## Große Zufriedenheit
Das liegt nicht immer daran, dass Vorurteile gegen Ostdeutsche gepflegt
werden. Mehr als die Hälfte der befragten Westdeutschen hält sie für
herzlich und freundlich – und nur eine Minderheit für arm, arbeitslos oder
rassistisch. Die hohe Qualität der Lehre wird dann aber doch deutlich eher
westdeutschen Unis zugetraut.
Fragt man die Absolventen, bekommt dieses Bild Risse. Denn Studenten in
Ostdeutschland sind nach Angaben der Hochschulinitiative im Rückblick oft
zufriedener mit ihrer Hochschule als die Kommilitonen im Westen. 87 Prozent
würden hier noch einmal studieren - im Westen sind es 82 Prozent. Nach den
Recherchen der Initiative spielt es bei der Jobsuche heute keine Rolle
mehr, ob jemand im Westen oder Osten Deutschlands studiert hat. Die
Hochschulen im Osten hätten sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich
verbessert.
Das spiegelt sich auch in der Exzellenzititiative des Bundes. In diesem
Jahr erhielten sowohl die Humboldt-Universität Berlin als auch die
Technische Universität Dresden das begehrte Elite-Uni-Siegel.
2 Sep 2012
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Billiglohn
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