# taz.de -- Volkswirtschaftslehre in der Kritik: „Nicht mit Geplauder zu lös… | |
> Der Vorsitzende des Ökonomenverbandes, Michael Burda, reagiert auf einem | |
> Protestbrief unzufriedener VWLer. Und beklagt mangelnde finanzielle | |
> Mittel. | |
Bild: Eine der großen Fragen der Volkswirtschaftslehre. | |
Herr Burda, brauchen Volkswirte in ihrer Ausbildung mehr Theorienvielfalt? | |
Die ist nur notwendig, wenn die vorhandenen Theorien massiv versagt haben. | |
Dafür kenne ich keinen Nachweis. | |
Mit den vorhandenen Methoden sind Sie auch zufrieden? | |
Ich habe nichts gegen eine bessere empirische und historische Anwendung der | |
VWL, warne allerdings davor, die Mathematik in Abrede zu stellen. Wenn ich | |
untersuchen will, wann ein Euroland pleite gehen könnte, kann ich das nicht | |
nur mit Geplauder lösen. Mathe gehört aber nicht mit voller Wucht ins | |
Grundstudium - und sollte später teilweise abgewählt werden können. | |
Teilen Sie die Ansicht Peter Bofingers, dass einige „Mickymaus-Lehrbücher“ | |
in der VWL dringend ausgetauscht gehören? | |
Meines Erachtens sind wir bereits mit guten Lehrbüchern eingedeckt; es geht | |
eher darum, diese sinnvoll einzusetzen. | |
Was spricht dagegen, 20 Prozent der VWL-Lehrstühle mit „Querdenkern“ zu | |
besetzen? | |
Ich bin gegen Quoten - außer für Frauen. Wenn einer der unzähligen als | |
heterodox bezeichneten Ansätze echten Wert hat, wird er sich auch innerhalb | |
der VWL durchsetzen, davon bin ich überzeugt. | |
Wissenschaftlicher Erfolg wird in der VWL fast nur durch das Zählen von | |
Publikationen gemessen. Ist das nicht zu einfach? | |
Rankings sind grundsätzlich notwendig. Eine gute Berufungskommission sollte | |
aber nicht nur auf ein Ranking schauen, sondern auf viele Faktoren. Das ist | |
in der Vergangenheit nicht oft genug geschehen. | |
Über die Geschichte ihres eigenen Fachs wissen VWL-Studenten kaum Bescheid. | |
Eine Veranstaltung zur Geschichte des ökonomischen Denkens ließe sich sehr | |
gut schon ins erste Semester integrieren. Es ist bedauerlich, dass das | |
bisher an kaum einer Uni der Fall ist. Wir als VfS arbeiten daran, dass das | |
anders wird, etwa indem wir überlegen, solche Fächer in ein | |
Muster-Curriculum aufzunehmen, das wir erarbeiten. | |
Stimmen Sie zu, dass die VWL sich stärker mit ökologischen Fragen | |
beschäftigen sollte, zumindest wegen des Klimawandels? | |
Ja, aber dafür reichen die Mittel nicht. An der HU haben wir zehn VWL-Profs | |
für 3.000 Studierende, in Berkley haben sie dafür 50 oder 60 Leute. Hier | |
müssen erstmal die „Brot-und-Butter-Fächer“ besetzt sein - und deren | |
Methoden sind Grundlage für Umweltökonomik machen kann. | |
Letzten September sprachen Sie sich in einem Interview dafür aus, offener | |
zu sein für Ergebnisse aus Neuro-, Psycho- oder Soziologie. Was haben Sie | |
unternommen? | |
Ich habe bisher erfolglos versucht, an der HU einen interdisziplinären | |
Exzellenzcluster zu beantragen. Interdisziplinarität ist nicht immer | |
gewollt - von unseren eigenen Leuten, von der Politik, von den Kollegen aus | |
anderen Disziplinen. Viele von denen,die die VWL kritisieren und sie | |
erweitern wollen, wissen leider nicht, was wir machen. | |
13 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Wendelin Sandkühler | |
## TAGS | |
Studium | |
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