# taz.de -- Studierender Fußballer: Der Bachelor für die Zeit danach | |
> Florian Bruns, Fußballprofi beim FC St. Pauli, lernt für sein | |
> BWL-Studium. Vor wenigen Jahren wurden studierende Fußballer schief | |
> angeguckt. Heute ist das anders. | |
Bild: Studiert gern, entscheidet sich im Zweifel aber dann doch lieber fürs Tr… | |
HAMBURG taz | Wir sitzen in einem heimeligen Container auf dem | |
Trainingsgelände des FC St. Pauli an der Kollaustraße. Die anderen laufen | |
eine Runde, Florian Bruns nicht, er ist beim Freundschaftsspiel gegen | |
Eintracht Lüneburg auf die Hüfte gefallen. „Nicht schlimm“, sagt er, | |
„hoffentlich“. Trotzdem dauert es ein bisschen, bis er für die Beine eine | |
Position gefunden hat, die nicht weht tut. So, nun kann es losgehen. | |
Heute ist Mittwoch, heute ist ein Mal Training, nachmittags ist Bruns | |
Uni-Zeit. Noch vor ein paar Jahren wurden studierende Profi-Fußballer | |
schief angeguckt. Nicht nur von Kollegen, auch von Trainern, | |
Vereinsfunktionären, Journalisten. | |
Inzwischen bieten Universitäten wie Oldenburg und Tübingen Studiengänge an, | |
die auf die Bedürfnisse von Hochleistungssportlern, ob Profi oder nicht, | |
abgestimmt sind. In Oldenburg, Bruns Geburtsstadt, ist der Studiengang | |
Betriebswirtschaftslehre (BWL) ein solcher „berufsbegleitender, | |
internetgestützter Bachelorstudiengang“. | |
BWL studiert Bruns, „ganz trocken“, wie er sagt, mit „Schwerpunkt Marketi… | |
und Management“. Ihn interessiert die Verbindung von BWL und Sport: | |
Sport-Management, Sport-Marketing, Event-Management. Die Hürdensprinterin | |
Carolin Nytra macht das, der Ex-Torwart Hans-Jörg Butt, zuletzt Bayern | |
München, der auch von Lissabon aus weiter in Oldenburg studiert hat, und, | |
aktuell: Per Mertesacker. Vom FC St. Pauli studieren Markus Thorandt in | |
Wismar und Florian Kringe in Oldenburg, die Ex-Pauli-Spieler Carsten | |
Rothenbach (VfL Bochum) und Fabio Morena (SV Sandhausen) an der Fern-Uni | |
Hagen. | |
## Körperlich und geistig besser vorbereitet | |
„Internetgestützt“ heißt, dass Hochleistungssport treibende Studenten, die | |
zu den angesetzten Klausuren keine Zeit haben, ihre Klausuren online | |
schreiben können. Montags trainieren die meisten Profis nicht, da ist in | |
Oldenburg Präsenztag: Klausuren, Referate, Vorträge. „So ist das, wenn es | |
normal läuft“, sagt Bruns, „wenn Du aber am Sonntag mit 0:3 verlierst, dann | |
ist am Montag doch Training“. | |
Dann ruft Bruns am Montag um 08.30 Uhr in Oldenburg an und sagt ab. „Dann | |
sind die nicht gerade begeistert“, sagt er, „aber es geht dann doch | |
irgendwie.“ Im Zweifel entscheidet sich Bruns fürs Training, „denn | |
Fußball“, sagt er, „ist mein Beruf.“ Wenn er fragen würde: Die Trainer … | |
FC St. Pauli würden eine Reise nach Oldenburg erlauben. | |
Bruns ist im neunten Semester, im nächsten Sommer will er scheinfrei sein, | |
um dann mit der Bachelorarbeit anzufangen. Wie er das zeitlich organisiert, | |
weiß er noch nicht. Er ist gut darin, Fragen dann zu entscheiden, wenn sie | |
anstehen. Im Moment weiß er nicht, ob er den Master drauf packt. „Große | |
Frage“, sagt er, „ich bin jetzt 33, ich spiele keine zehn Jahre mehr, | |
sondern vielleicht noch zwei oder drei, aber darüber, was nach dem Bachelor | |
kommt, denk ich noch nicht nach.“ Bruns, dessen Vertrag 2012 ausläuft, | |
würde gerne im Bereich Fußball bleiben, am liebsten gleich nach Ende der | |
Karriere. „Haut der Übergang nicht hin, spricht nichts gegen einen Master“, | |
sagt er. | |
In zwei Wochen hat er eine Klausur, einen Vortrag und er sitzt an einer | |
Hausarbeit. Er hat gemerkt, dass er nicht auf Knopfdruck von Sport auf | |
Studium umschalten kann: „Man kann nicht sagen, wenn frei ist, mach ich | |
Uni“, sagt er, „ich brauch auch mal Pause.“ Oft werden die Sachen für die | |
Uni „auf den letzten Drücker fertig“, erzählt er. Fertig werden sie. | |
Er arbeitet im Bus, im Hotel, im Zug. Mit 27 hat er angefangen, da kam die | |
Frage auf: „Was ist danach?“ Der Druck, der vom Studium ausgeht, „ist ein | |
anderer als beim Fußball“. Beim Fußball müssen „wir alle auf einen Punkt | |
hin funktionieren“. Das Studium ist ein Ausgleich. Wenn er sich im Training | |
auspowert, macht die Arbeit am Schreibtisch Spaß, wenn er vormittags am | |
Rechner saß, freut er sich aufs Training. „Trotzdem bin ich froh, wenn das | |
Studium vorbei ist“, sagt er. | |
Bruns spürt, dass eine neue Fußballgeneration kommt: Körperlich und geistig | |
besser vorbereitet. In den Nachwuchsleistungszentren wird drauf geachtet, | |
dass die Spieler die Schule nicht vernachlässigen. Er erinnert sich, wie | |
beim SC Freiburg Innenverteidiger Stefan Müller auf Fahrten fürs Studium | |
lernte. „Hat keinen interessiert“, sagt Bruns, „heute kommen die jungen | |
Spieler und wollen wissen, was ich da mache.“ | |
9 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Roger Repplinger | |
## TAGS | |
Armin Laschet | |
Fußball-WM 2014 | |
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