# taz.de -- Studie zu Bürgerbeteiligung: Bayern begehren am meisten | |
> Seit 1956 gab es bundesweit fast 6.000 Bürgerbegehren. Bayern ist dabei | |
> führend. Dort fanden 40 Prozent aller Verfahren statt. | |
Bild: Heizte die Gemüter auf: Stuttgart 21. | |
BERLIN taz | Ob es um eine neue Startbahn geht oder um eine | |
Umgehungsstraße: Dass Bürger auf kommunaler Ebene über konkrete Fragen | |
abstimmen, ist im politischen Alltag angekommen. Das ist das Fazit von | |
Wissenschaftlern der Universitäten Marburg und Wuppertal, die zusammen mit | |
dem Verein Mehr Demokratie e.V. alle Bürgerbegehren auf Gemeindeebene | |
analysiert haben. | |
Die Zahl der Bürgerbegehren hat sich bei etwa 300 pro Jahr eingependelt, | |
insgesamt seien seit 1956 knapp 6.000 Verfahren in den Kommunen angestoßen | |
worden. Die Forscher machen große Unterschiede zwischen den Bundesländern | |
aus. 40 Prozent aller Verfahren fanden in Bayern statt, weil dort die | |
Rahmenbedingungen im bundesweiten Vergleich am bürgerfreundlichsten | |
ausgestaltet seien. | |
Am schwierigsten stufen die Forscher die Situation im Saarland ein. Das | |
lasse sich unter anderem an dem Punkt ablesen, dass die Quote der für | |
unzulässig erklärten Bürgerbegehren dort am höchsten ist. Mehr als jeder | |
zweite Antrag wurde nicht zugelassen. Die Macher des Berichts kritisieren, | |
dass wichtige Themen wie der gesamte Komplex der Bauleitplanung in der | |
Hälfte der Länder von Bürgerbegehren ausgeschlossen ist. | |
## Mittel zur Konfliktlösung | |
Laut Volker Mittendorf von der Forschungsstelle für Bürgerbeteiligung an | |
der Universität Wuppertal sind Bürgerbegehren ein effektives Mittel, | |
frühzeitig Konflikte zu lösen. Gerade in den Gemeinden, in denen relativ | |
oft Bürgerbegehren stattfinden, gebe es eine sachlichere und unpolarisierte | |
Auseinandersetzung. | |
Bei fast 40 Prozent aller Verfahren konnten der Erhebung zufolge die | |
Initiatoren einen Erfolg verbuchen. "Es lohnt sich also, sich einzumischen | |
und die Instrumente der Bürgerbeteiligung zu nutzen", sagte Ralf-Uwe Beck, | |
Vorstandssprecher von Mehr Demokratie. Er kritisiert, dass in den meisten | |
Bundesländern 20 oder 25 Prozent der Bürger zustimmen müssen, damit ein | |
Bürgerentscheid überhaupt wirksam ist. In mehr als der Hälfte aller | |
deutschen Gemeinden fand noch nie ein Bürgerbegehren statt. | |
Auch wenn die Zahl an Bürgerbegehren zugenommen hat, ist die Beteiligung an | |
Abstimmungen oft sehr gering. Je größer die Kommune, desto geringer der | |
Anteil derer, die mitentscheiden. Die Bürger der Mittelschicht beteiligen | |
sich grundsätzlich stärker an den Abstimmungen. Es gebe aber keinen Beleg | |
dafür, dass sie nur ihre eigenen Interessen durchsetzen, sagt Mittendorf. | |
5 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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