# taz.de -- Entscheidung über Mauerpark: Ein Park wird zugemauert | |
> Heute soll die BVV Mitte einen Beschluss abnicken. Er lässt auf Teilen | |
> der geplanten Mauerpark-Erweiterung dichte Bebauung zu - und schränkt die | |
> Beteiligung der Bürger ein. | |
Bild: Noch lässt es sich im Mauerpark prima entspannen. | |
Für das Sommerloch war der Mauerpark dann doch eine Nummer zu groß. | |
Eigentlich wollte Carsten Spallek (CDU), Stadtrat für Stadtentwicklung in | |
Mitte, den Beschluss seines Bezirksamts zur Erweiterung des Parks darin | |
versenken. Doch statt das leidige Thema still und heimlich zu entsorgen, | |
hat er nun einen maximalen Aufschrei provoziert. | |
Was ist passiert? Im April hatte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) | |
Mitte einen Plan verabschiedet, wie der Mauerpark nach 20 Jahren Diskussion | |
doch noch erweitert werden könnte. Notwendig ist das, weil die Allianz | |
Umweltstiftung sonst 2,3 Millionen Euro zurückfordert – mit denen hatte sie | |
Anfang der 90er Jahre die Anlage des heutigen Parks finanziert. Zwei Hektar | |
muss dieser bis Ende des Jahres wachsen, sonst wird es teuer. | |
Die Lösung der BVV Mitte sah vor, dass das Land Berlin einige Hektar des | |
Areals westlich des bestehenden Mauerparks kauft. Ein Teil davon sollte zum | |
Park umgewandelt, ein anderer an Gewerbetreibende wie den Flohmarkt | |
verpachtet werden. Die CA Immo, bisherige Eigentümerin des Gesamtfläche, | |
sollte dafür das Recht erhalten, ein weiteres Teilstück behutsam zu | |
bebauen. Viel Grün, ein paar genossenschaftliche Wohnungen – so hatte sich | |
die BVV das gedacht und ging in die Sommerpause. | |
Darin jedoch wurde sie Ende Juni unsanft von einem Beschluss des | |
Bezirksamts gestört: Zwar soll der Park weiterhin mindestens zwei Hektar | |
größer werden, um das Ultimatum der Umweltstiftung einzuhalten. Von | |
Ankäufen durch den Senat war jedoch plötzlich keine Rede mehr, dafür von | |
600 Wohnungen auf 3,5 Hektar Fläche nördlich der Gleimstraße – viel zu viel | |
nach der aktuellen Rechtslage. Und die „Bürgerwerkstatt Mauerpark | |
Fertigstellen“, ein seit Jahren bewährtes Instrument der Bürgerbeteiligung, | |
soll sich aus der Gestaltung des neuen Wohngebiets heraushalten. | |
Die BVV hatte es sich ausdrücklich anders gewünscht. Heute aber soll sie in | |
ihrer ersten Tagung nach der Pause den Beschluss des Amts durchwinken. Und | |
weil die Mehrheitsfraktionen SPD und CDU ihre Verordneten entsprechend auf | |
Kurs gebracht haben, wird sie das voraussichtlich auch tun. | |
Außerhalb des Bezirksparlaments hat sich jedoch eine breite Front des | |
Widerstands gebildet. Das „Bündnis für den Mauerpark“, zu dem die | |
Bürgerwerkstatt, weitere Vereine und Parteien aus Mitte und Pankow gehören, | |
fordert die Aufhebung des Bezirksamtsbeschlusses und die Fortsetzung der | |
Bürgerbeteiligung. Zudem bittet es die Umweltstiftung um einen Aufschub | |
ihres Ultimatums. „Der derzeit angesetzte Zeitplan kann zu kostspieligen | |
Planungsfehlern und hohen Schadensersatzforderungen führen“, so das | |
Bündnis. | |
Grund für diese Sorge sind Ungereimtheiten im Bezirksamtsbeschluss. Neben | |
dem rechtswidrigen Bauvolumen, gegen das auch geklagt werden könnte, | |
scheint auch die Baustellenerschließung problematisch. Einiges deutet | |
darauf hin, dass diese von Prenzlauer Berg aus über das Gelände des seit | |
Jahren bestehenden Kinderbauernhofs erfolgen müsste. Dagegen gibt es schon | |
massive Proteste. | |
## Saftige Entschädigung? | |
Zudem sind Details aus dem städtebaulichen Vertrag zwischen dem Bezirk | |
Mitte, Senat und CA Immo durchgesickert. Der CA Immo soll angeblich eine | |
saftige Entschädigung zustehen, falls sie doch kein Baurecht in der | |
anvisierten Größenordnung bekommen sollte. Eine gewagte Angelegenheit | |
angesichts der Rechtslage und der Tatsache, dass ein entsprechender | |
Bebauungsplan erst aufgestellt muss. | |
Stadtrat Spallek kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Zwar | |
widerspreche das geplante Bauvolumen tatsächlich dem aktuellen Recht, | |
derzeit jedoch werde in Mitte an vielen Stellen viel dichter gebaut als | |
erlaubt, so Spallek. Zur Frage der Baustellenerschließung meint er nur: | |
„Die wird über Wedding erfolgen.“ Bedenken, dass die von ihm angedachte | |
Zufahrt am Gleimtunnel für Baustellenfahrzeuge ungeeignet sein könnte, | |
teilt er nicht. Und auch die Kritik, das Bezirksamt habe mit seinem | |
Beschluss die Wünsche der eigenen BVV übergangen, wischt er mit dem Hinweis | |
auf Zeitprobleme vor der Sommerpause vom Tisch. „Immerhin wird der Park so | |
überhaupt erweitert“, findet der Stadtrat. „Das ist doch ein Erfolg.“ | |
23 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Juliane Wiedemeier | |
## TAGS | |
Pankow | |
Mauerpark | |
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