# taz.de -- Messerstiche beim Schanzenfest: Angriff von rechts | |
> Militante Neonazis mischten bei Randale vor der Roten Flora mit. | |
> Sicherheitsorgane sehen keine Hinweise auf autonome Nationalisten. | |
Bild: Verteidigten das Feuer mit Faustschlägen und Messerstichen: Zündler bei… | |
Die Randale nach dem diesjährigen Schanzenfest und die Messerattacke auf | |
zwei Aktivisten der Roten Flora gehen offenkundig auf das Konto rechter | |
autonomer Nationalisten. Einige hatten sich unter die Besucher gemischt, um | |
nach dem friedlichen Straßenfest Krawalle vor dem seit mehr als 20 Jahren | |
besetzten autonomen Stadtteilzentrum zu initiieren. | |
Es waren dubiose Szenen am 25. August dieses Jahres, die sich plötzlich | |
spätabends vor der Roten Flora ereigneten. Direkt vor dem Eingang des | |
Stadtteilzentrums wurde von vermummten und schwarz gekleideten Personen ein | |
Feuer aus Müll entfacht. Die Flammen griffen auf einen Baum über, der | |
drohte, das Vordach des Gebäudes zu entzünden. | |
Eine Anwohnerin versuchte, die Zündelei zu verhindern. „Ich hab’ noch nie | |
erlebt, dass ich von der Szene attackiert worden bin“, sagt sie. Eine | |
ältere Frau mit schwarzer Lederjacke habe sie angiftet: „Hau doch ab, wenn | |
dir das nicht gefällt.“ Dann habe ein Mann mit einer Eisenstange vor ihr | |
gestanden und gedroht. „Das waren keine Linken“, sagt sie. | |
„Die Flammen drohten aufs Vordach überzugreifen, daher mussten wir | |
einschreiten“, sagt ein Rot-Florist. Mehrere Aktivisten versuchten mit | |
Feuerlöschern die Flammen zu ersticken. Doch die Zündler verteidigten mit | |
Faustschlägen und Eisenstangen die Flammen. | |
Einem 29-jährigen Rote-Flora-Aktivisten rammten die Zündler vier | |
Messerstiche in den Rücken, sodass er lebensgefährlich verletzt ins | |
Krankenhaus eingeliefert werden musste. Ein zweiter wurde leicht verletzt. | |
Selbst nach der Attacke verfolgten die Personen vermeintliche Augenzeugen | |
und Verletzte in anliegende Kneipen. In einem portugiesischen Restaurant | |
versuchten sie einen Verletzten, der gerade von einer Frau versorgt wurde, | |
zu attackieren. Vier Männer stoppten die Angreifer, die als Reaktion Tische | |
vor der Kneipe umwarfen und „Scheiß Kanaker“ brüllten. | |
Polizisten in Zivil beobachteten die Vorfälle. „Es war anders als sonst“, | |
sagt ein Zivilfahnder der taz. Es seien nicht nur die typischen | |
Krawalltouristen da gewesen. „Die waren gekleidet wie Hardcore-Autonome, | |
benahmen sich aber nicht wie Linksautonome“, so ein Beamter. „Es waren auch | |
keine Leute dabei, die wir aus der Szene kannten, außerdem zünden die doch | |
nicht selbst ihre Flora an“, sagt er. „Wir hatten den Eindruck, dass es | |
sich um autonome Nationalisten handelte, wie 2008 am 1. Mai in Barmbek.“ | |
So seien die Akteure gewaltsam gegen bekannte Anwohner vorgegangen, die | |
Krawalle unterbinden wollten. „Wir haben unsere Beobachtungen nach oben | |
weitergegeben“. Aber der Führung hätten die Beobachtungen nicht ernst | |
genommen, weil sie die Randalierer klischeehaft für Linksautonome gehalten | |
habe. Deshalb seien die Angaben ignoriert worden. | |
Zwar kommentierte Polizeisprecher Mirko Streiber noch in der Nacht | |
gegenüber der Presseagentur dapd die Vorkommnisse als eine „beeindruckende | |
Situation“, dass Anwohner und die linke Szene gegen Randalierer vorgehen | |
würden. Rechtsradikale mag der Staatsschutz der Polizei jedoch nicht | |
wahrgenommen haben, was nicht verblüfft, weil der „Staatsschutz links“ im | |
Einsatz war, der die linksautonome Szene im Visier hat. „Wir haben keine | |
Erkenntnisse, dass autonome Nationalisten dabei gewesen sind“, sagt | |
Polizeisprecher Andreas Schöpflin auf taz-Anfrage. | |
Die Polizei hat zur Ergreifung des Messerstechers eine Belohnung von 1.000 | |
Euro ausgeschrieben. „Das Opfer arbeitet aber nicht mit uns zusammen“, sagt | |
Schöpflin, das mache die Ermittlungen schwierig. Auch der Verfassungsschutz | |
will keine Wahrnehmungen in Richtung Neonazis gemacht haben. „Es gibt keine | |
Hinweise, dass autonome Nationalisten dort waren“, sagt der Vize-Chef des | |
Hamburger Inlandsgeheimdienstes, Torsten Voss. | |
7 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Peter Müller | |
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