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# taz.de -- Schanzenfest in Hamburg: Unpolitische Randale
> Nach dem friedlichen Schanzenfest in Hamburg versuchten Autonome Brände
> zu löschen. Zwei Menschen wurden von Randalierern niedergestochen.
Bild: „Das waren keine Linken“: Feuer im Hamburger Schanzenviertel.
HAMBURG taz | Beim Hamburger Schanzenfest ist es am Samstagabend zu
gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. Allerdings nicht zwischen
Autonomen und der Polizei, sondern zwischen verschiedenen Festbesuchern.
Zwei Menschen wurden dabei durch Messerstiche verletzt.
Es hatte alles friedlich angefangen. Am Nachmittag besuchten rund 10.000
Besucher das Fest im Szenestadtteil, schlenderten über den Flohmarkt und
sahen sich Konzerte an. Nachdem die Konzertbühne vor dem linken Zentrum
Rote Flora abgebaut war, zogen erste Vermummte durch die Menge und zündeten
Bengalos und Silvesterknaller. „Verpisst euch hier“ riefen ihnen einige
entgegen. „Halt's Maul, Yuppie-Wichser“ war die Antwort, die jeder zu hören
bekam, der das Auftreten der meist jungen Männer kritisierte.
Ab 23:30 Uhr begannen schwarz gekleidete Vermummte – junge Erwachsene und
ältere Frauen – Feuer auf der Straße vor der Roten Flora zu legen. Sie
versuchten auch, einen Baum direkt an der Flora anzuzünden. „Die hatten
soviel Hass im Gesicht, das waren keine Linken“, sagt eine Anwohnerin, die
auch die Zündelei verhindern wollte.
Beim Versuch des Löschens wurde ein 29-Jähriger niedergestochen. „Viermal
stach der Täter in den Brustkorb“, sagt ein Aktivist der Flora, der sich um
den Betroffen sofort kümmerte. Häufig versuchten auch andere Festbesucher
Randalierer davon abzuhalten zu zündeln. Die Zündler verteidigten ihr Feuer
mit purer Gewalt: Faustschläge ins Gesicht, Tritte, Drohgebärden mit
Metallstangen. Ein weiterer Mann, 27 Jahre alt, wurde mit einem Messer
niedergestochen – aber nur oberflächlich verletzt. Er wollte einen Streit
schlichten.
## „Scheiß Antifa-Fotzen“
Der Mob skandierte dazu Parolen wie „Ganz Hamburg hasst die Polizei“ –
obwohl die sich den ganzen Abend nur am Rand des Schanzenfestes zeigte und
nicht in das Geschehen eingriff. In der Roten Flora wurde die beiden
Niedergestochen erstversorgt und ins Krankenhaus gebracht. In der Nacht
musste der 29-Jährige notoperiert werden.
Aus dem besetzten Haus forderten die Aktivisten die Festbesucher auf dem
Schulterblatt auf, nach Hause zu gehen. „Was hier passiert, hat nichts mit
linker Politik zu tun“, teilten sie über Megafon mit. „Das ist nicht das,
was das Schanzenfest sein soll.“ Dass die Leute weiter feierten, obwohl
zwei Menschen schwer verletzt im Krankenhaus liegen, sei nicht akzeptabel.
Die Aktivisten sprachen von einem „Mordversuch“.
Doch die Krawallmacher wollten nicht gehen und zündelten weiter, bis
Aktivisten aus der Roten Flora den Brand mit Feuerlöschern erstickten. Auch
sie wurden bedroht und als „scheiß Antifa-Fotzen“ beschimpft. Hier zeigte
sich: linke Autonome waren das nicht. Auch wenn linke Parolen gerufen
wurden, ging es den allermeisten um den Gewaltexzess, nicht um Politik.
Vielen stand blanker Hass ins Gesicht geschrieben.
## Kriminaldauerdienst ermittelt
Kurz vor 2 Uhr hatten die Flora-Aktivisten ein letztes Feuer direkt vor dem
Zentrum gelöscht. Die Polizei rückte dennoch unvermittelt mit Wasserwerfern
und Einsatzkräften vor. Der Grund: Randalierer hatten Flaschen auf eine
nahegelegene Filiale der Hamburger Sparkasse geworfen. Binnen wenigen
Minuten hatten hunderte Polizisten mit Wasserwerfereinsatz die Straße vor
der Roten Flora geräumt. Auch die restlichen Straßen der Schanze, in denen
noch hunderte friedlich feierten, waren binnen kürzester Zeit geräumt.
Der Kriminaldauerdienst hat wegen den Messerangriffen Ermittlungen
aufgenommen, sagt eine Pressesprecherin der Polizei. Sechs Störer hätten
die Beamten festgenommen. Die Polizei war mit 1.566 Beamten im Einsatz.
Kurz vor 3 Uhr räumte die Stadtreinigung die Straßen.
26 Aug 2012
## AUTOREN
K. V. Appen
B. Renner
A. Speit
## TAGS
Hamburg
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