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# taz.de -- Klagen gegen Jauch und Google: Die mit der Wulff kämpfen
> Die Gattin des Ex-Bundespräsidenten wehrt sich gegen die Gerüchte um ihre
> Person. Es ist eine Geschichte über die Gesetze der Medien.
Bild: Bettina Wulf.
Da hat sie nun den Salat. Die Republik brüllt es heraus, auf allen
Medienplätzen darf plötzlich ungehindert über das angebliche Vorleben der
einstigen First Lady getratscht werden. Rotlicht! Escort-Service!
Prostituierte! Endlich sagen und schreiben dürfen, was Journalisten aus
Hannover und Berlin seit Jahren tuscheln. Endlich aus dem geilen Gerücht
eine geile Geschichte machen dürfen. Ähnlich verfährt jetzt auch die taz.
Der Grund: Es ist eine Schmuddel-Geschichte, aber es ist auch eine
Geschichte über die Gesetze der Medien. Sorry, Bettina Wulff, ohne
Kolportage kommt auch dieser Text nicht aus. Jahrelang hatte die Meute
schweigen müssen. Erstens, und das betrifft vor allem den Boulevard, weil
es keinen Beweis gibt, dass Bettina Wulff geborene Körner vor ihrem Leben
als Ministerpräsidenten-Gattin und Ehefrau des gestrauchelten
Bundespräsidenten irgendwann in einem früheren Leben als Bardame in einem
Bordell gearbeitet hat.
Zweitens, und das verpasste auch den angeblich seriösen Journalisten einen
Maulkorb, weil ja – selbst wenn an den Gerüchten etwas dran gewesen wäre –
diese keine Folgen für die Arbeit des einst beliebtesten deutschen
Politikers gehabt hätten. Und drittens dachten sich einige Journalisten
auch: Selbst wenn etwas dran ist – na und?
Gedruckt hätten viele den angeblichen Schmutz natürlich gerne. Vor allem in
der Zeit von Wulffs Affäre um Hauskredite, Gratisurlaube und ein Bobbycar.
Zur Zeit, als der offensichtlich von allen guten Geistern verlassene
Bundespräsident versuchte, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zu drohen („Der
Rubikon ist überschritten“). Mehrere Redaktionen sind angeblich im Besitz
von Fotos, die Bettina Wulff angeblich „bei der Arbeit“ zeigen: Eine blonde
junge Frau vor rotem Grund, aufreizend schaut sie in die Kamera.
## „Latrinenparolen“, sagte der Spindoktor
Auch Bild oder Bams druckten sie nicht. Weil Bettina Wulff nicht eindeutig
zu erkennen ist. Ebenso wurde die Geschichte, dass sie angeblich in einem
Verfahren gegen einen Bordellbesitzer am Amtsgericht Braunschweig als
Zeugin ausgesagt haben soll, nie gedruckt. Es gibt erneut keinen Beweis
dafür. „Latrinenparolen“, hatte Olaf Glaeseker, der längst geschasste
Spindoktor Wulffs, solche Anfragen genannt.
Offiziell hatten Glaeseker und Wulff stets geschwiegen. Jede Verlautbarung
zum Geraune, jedes Dementi hätte nämlich dem Thema einen medialen Ort
gegeben, das Gehechel befördert. Es klang schon wie ein Notruf, als Wulff
in einem TV-Interview im Januar 2012 gegen die „Fantasien“ wetterte, die
über seine Frau im Internet verbreitet würden.
Um so verwunderlicher der journalistische Dammbruch vom Samstag.
Großflächig druckt die seriöse Süddeutsche Zeitung eine Geschichte darüber,
dass Bettina Wulff nach Jahren aus dem bedrückenden Kokon des Schweigens
ausgebrochen ist. Vor Gericht hat die 38-Jährige eine eidesstattliche
Erklärung abgegeben, nach der Behauptungen über ein horizontales Vorleben
falsch seien.
Außerdem reichte sie beim Hamburger Landgericht eine Klage gegen den
Moderator Günther Jauch und den Suchmaschinenkonzern Google auf
Unterlassung ein. Damit nicht genug: Zuvor hatte Wulffs Anwalt Gernot Lehr
bereits nicht so potente Gerüchtekolporteure in die Knie gezwungen:
Insgesamt 34 Blogger und Medien haben inzwischen Unterlassungserklärungen
abgegeben, darunter der Stern, die Mediengruppe Österreich und die Berliner
Zeitung.
## Die anderen sind die Schmuddelkinder
Einige zahlten laut Lehr Schmerzensgeld in bis zu fünfstelliger Höhe. Jauch
knickte bereits am Samstag ein: Er habe in seiner Talkshow im Dezember 2011
„niemals über Frau Wulff eine falsche Tatsachenbehauptung aufgestellt,
sondern lediglich aus einem Artikel der Berliner Zeitung zitiert“.
Klartext: Nicht ich bin’s gewesen, die anderen sind die Schmuddelkinder.
So inquisitorisch wie er es eben kann, hatte Jauch damals Bild-Vize
Nikolaus Blome in seiner Show ausgequetscht, Blome tat alles als
„kompletten Quatsch“ ab. Jauch will künftig nichts mehr über Frau Wulff
kolportieren, der Unterlassungsanspruch ist anerkannt – jedoch „ohne ein
Fehlverhalten damit einzuräumen“.
Anders Wulffs Auseinandersetzung mit Google: Der Suchmaschinenriese will
sein Autovervollständigungs-Tool nicht nach den Wünschen der 38-Jährigen
ändern. Interessant an der SZ-Geschichte auch die Quelle der Verleumdungen:
Es soll ein CDU-Minister aus dem Kabinett Wulff gewesen sein, der das
rufmordende Gerücht in die Welt gesetzt hat.
## Politik machen mit dem Höchstprivaten
Wer aber 2006, als Wulff seine neue Freundin beim Fußball-WM-Spiel
Deutschland gegen Polen in Hannover ganz nebenbei ausgesuchten Medien
präsentierte, dabei war, kann sich daran nicht erinnern. Ohnehin wird mit
dem Höchstprivaten längst Politik gemacht: Die SPD ging am Sonntag Wulffs
Nachfolger als niedersächsischer Ministerpräsident an.
„David McAllister muss die Vorwürfe schnell aufklären“, sagte
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Die Frage ist, ob Bettina
Wulff den großen Aufschrei kalkuliert hat. Damit endlich Schluss ist. Oder
weil sie ihr Buch promoten will, das im September erscheinen soll. Oder
ihren neuen Job. Die einstige „First Lady“ hat sich mit einer PR-Agentur
selbstständig gemacht. „Ich fühle mich frei“, sagte sie dem Focus, „weil
ich mein eigener Chef bin.“
9 Sep 2012
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Christian Wulff
Bettina Wulff
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