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# taz.de -- Stefan Raab kriegt politische Talkshow: Nach oben offen
> Der Entertainer Stefan Raab will politisch mittalken. Und sucht sich,
> typisch Raab, die größte anzunehmende Herausforderung: Günther Jauch.
Bild: Für seine große Klappe und scharfen Zähne bekannt: Stefan Raab.
BERLIN taz | Stefan Raab ist ein Beißer. Wer nur einmal gesehen hat, wie
der Moderator in seiner ProSieben-Show „Schlag den Raab“ mit vollstem
Körpereinsatz Geld verteidigt, das nicht seines ist, traut dem 45-Jährigen
so ziemlich alles zu, sogar den Polittalk, den er im aktuellen Spiegel
ankündigt.
Fünf Gäste – zwei bis drei Berufspolitiker, ein Promi und ein Normalbürger
– sollen in „Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen“ vom 1…
November an einmal im Monat etwa 90 Minuten gesellschaftlich Relevantes
diskutieren. Auf jeden Block folgt eine Analyse des
ProSiebenSat.1-Nachrichtenchefs Peter Limbourg.
Und auch wenn am Ende jeder Sendung derjenige Diskutant, für den die
meisten Zuschauer angerufen haben, 100.000 Euro gewinnt, Raab also weniger
auf inhaltliche Substanz denn auf die ansprechendste Performance setzt –
„ob die nach Sympathie abstimmen oder nach der Stichhaltigkeit der
Argumente, ist uns egal“ –, sollte man sich davor hüten, Raabs Konzept als
abwegig abzutun, wie es die ARD am Montag getan hat: Das ist kein Spaß, das
ist Raabs bitterer Ernst.
Und immer wenn es Raab mit etwas ernst ist, wird es gefährlich. Für die
anderen.
Das scheint auch ARD-Chefredakteur Thomas Baumann zu ahnen. „Es besteht die
Gefahr, dass Diskutanten einer vermuteten Mehrheitsmeinung
hinterherhecheln“, warnt er. Mal ganz abgesehen davon, dass Baumann
offenbar einem weltfremden Politikerideal anhängt, deutet die reflexhafte
Ablehnung darauf hin, dass man, immerhin, auch die Gefahr durch Raab
erkannt hat. Entspannt ist anders.
## Der Interviewer zweifelt
Auch der Spiegel tat sich erstaunlich schwer damit, Raabs Konzept
unkommentiert stehen zu lassen. Ständig meldete Interviewer Thomas Tuma
Zweifel an der moralischen Statthaftigkeit von „Absolute Mehrheit“ an. „S…
zündeln vielleicht nicht, haben aber Zündhölzer in der Hand“, warf er etwa
ein und offenbarte damit, wovor ihm wirklich graut: dass Menschen, die
nicht den Spiegel lesen, auch eine politische Meinung haben und die jetzt
sogar per Telefonabstimmung äußern dürfen.
Der in der Vergangenheit (nicht immer zu Unrecht) von Journalisten des
Zynismus bezichtigte Raab ist plötzlich mit deren Zynismus konfrontiert.
Und reagiert gaaanz gelassen. Genau das bezweifle er, entgegnet Raab auf
den Vorwurf, mit seiner Formatidee Populisten zu begünstigen, „es hängt
aber davon ab, für wie doof Sie das Publikum halten. Das hat ein gesundes
Empfinden für Leistung, Meinung und Echtheit von Menschen.“ Die – auch in
Massenmedien – verbreitete sehr deutsche Angst vor der Masse ist Stefan
Raab fremd. Für ihn ist „Mainstream“ kein Schimpfwort. Er will sie alle.
Und meistens kriegt er, was er will.
Der Polittalk am Sonntagabend – im direkten Duell mit ARD-Platzhirsch
Günther Jauch (wann sonst?) – könnte Raabs Opus magnum werden. Als Erfinder
der Samstagabendshow „Schlag den Raab“ und Architekt der bislang einmaligen
Kooperation eines öffentlich-rechtlichen Senders, des NDR, mit einem
privaten, ProSieben, beim Eurovision Song Contest gehört Raab allerdings
schon jetzt zu den einflussreichsten und kreativsten Fernsehmachern
Deutschlands.
## „Nee, lass mal“
Längst hat er allen bewiesen, dass er es kann – und kann doch nicht
aufhören, allen zu beweisen, dass er es kann. „Was mich in meiner ganzen
Karriere stets angestachelt hat, war der Satz: ’Nee, lass mal, der Markt
ist zu‘ “, sagt Raab im Spiegel. Das ist das Los des Aufsteigers – immer
streben, nie ankommen. „Ich bin nie ohne Ehrgeiz“, sagte er schon 2004 im
taz-Interview. Der Rest ist Fernsehgeschichte.
Er wolle „die einzige relevante Talkshow im Privatfernsehen machen“, gab
Raab als Zielvorgabe aus. Mit mehr kann er sicher auch leben.
Auf dem Foto zu seinem Spiegel-Interview posiert Stefan Raab vor einem
steil nach oben zeigenden Einbahnstraßen-Schild. Das dürfte ihm gefallen
haben.
10 Sep 2012
## AUTOREN
David Denk
## TAGS
Absolute Mehrheit
Stefan Raab
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