# taz.de -- Kommentar Antiamerikanismus: Stärke zeigen im Endspurt | |
> Die Angriffe auf US-amerikanische Einrichtungen bringen die Außenpolitik | |
> in den Wahlkampf. Für Obama kann das gut sein. Oder schlecht. | |
Nicht einmal zwei Monate vor der US-Präsidentschaftswahl drängen immer mehr | |
Faktoren [1][in den US-amerikanischen Wahlkampf], die von Kampagnenplanern | |
nicht zu steuern sind. Im Innern zwingt der andauernde Streik der Lehrer in | |
Barack Obamas Heimatstadt Chicago den Präsidenten in einen | |
Loyalitätskonflikt zwischen den mit ihm verbündeten Gewerkschaften und | |
seinem ehemaligen Stabschef Rahm Emanuel, dem Bürgermeister Chicagos. | |
Außenpolitisch stellen die Angriffe auf US-Einrichtungen sowie die harsche | |
Kritik des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu an Obamas | |
Iranpolitik den Präsidenten auf die Probe. | |
Dass Außenpolitik plötzlich eine Rolle spielt, kann für einen amtierenden | |
Präsidenten gut oder schlecht sein: Einerseits gibt es die US-Tradition, | |
angesichts externer Bedrohungen hinter dem Amtsinhaber zusammenzurücken. | |
Andererseits birgt ein wirklich nachhaltig gestörtes Verhältnis zur | |
israelischen Regierung, womöglich gepaart mit dem – falschen – Eindruck | |
eines gegenüber der islamischen Welt schwachen Präsidenten die Gefahr, | |
kritische Stimmen der jüdischen Wählerschaft zu verlieren. | |
Das wiederum könnte reichen, um Floridas 29 Wahlmänner an Romney zu | |
verlieren – und ohne die ist die Präsidentschaft kaum zu holen. Nicht | |
wenige glauben, dass genau das auch das eigentliche Ziel von Netanjahus | |
Attacken ist. | |
Die konservativen US-Medien stellen die Anti-US-Proteste in Kairo, Libyen | |
und Jemen schon jetzt überzogen als „Flächenbrand“ dar – und interpreti… | |
sie als Ergebnis von Obamas „Schwäche“. | |
Es ist Obamas Glück, dass sich sein Herausforderer Romney so ungeschickt | |
verhält. Statt mit staatstragender Miene die Angriffe zu verurteilen und | |
dem Präsidenten seine Unterstützung zu versichern, kritisierte Romney die | |
angebliche „Entschuldigung“ der Regierung gegenüber den Demonstranten. Das | |
war nicht nur Unsinn, sondern Parteipolitik in einem Moment, in dem | |
Patriotismus erwartet wird – ein Angriff mit Eigentor. | |
Allerdings: Vieles spricht dafür, dass der außenpolitische Druck sich bis | |
zur Wahl verschärfen wird. Aber in der heißen Phase eines US-Wahlkampfs | |
verschiebt sich die Handlungslogik in Washington gern zugunsten | |
kurzfristiger Punktgewinne. Ob und wie sich Obama dabei bewährt, dürfte | |
über mehr entscheiden als nur über seine zweite Amtszeit – womöglich über | |
Krieg und Frieden. | |
13 Sep 2012 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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