# taz.de -- Islamfeindliches Video: Proteste nach Freitagsgebet erwartet | |
> Die Proteste der Muslime gegen das Schmähvideo dürften nach den | |
> Freitagsgebeten einen neuen Höhepunkt erreichen. Die US-Vertretungen | |
> bereiten sich darauf vor. | |
Bild: Viel Wut über ein Video: Demonstration in Peschawar, Pakistan. | |
KAIRO/WASHINGTON dpa | In der arabischen Welt dauern die | |
anti-amerikanischen Proteste wegen eines Schmähvideos über den Propheten | |
Mohammed an. | |
In der ägyptischen Hauptstadt Kairo protestierten noch am frühen | |
Freitagmorgen aufgebrachte Muslime in dem Bezirk um die US-Botschaft. Den | |
Tag über waren dort bei Straßenschlachten mehr als 220 Menschen verletzt | |
worden. In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa wurden vier Demonstranten | |
beim Sturm auf die US-Botschaft getötet und 31 weitere verletzt. Auch in | |
Tunesien, dem Gazastreifen und im Iran gingen erboste Muslime auf die | |
Straßen. Demonstrationen gab es auch in Afghanistan und Pakistan. | |
Die Proteste dürften nach den Freitagsgebeten einen neue Höhepunkt | |
erreichen. In Kairo haben Islamisten eine Großkundgebung angekündigt. Sie | |
fordern eine offizielle Entschuldigung Washingtons, da das Schmähvideo in | |
den USA produziert wurde. In Saudi-Arabien, wo Demonstrationen verboten | |
sind, wurde über den Kurznachrichtendienst Twitter ebenfalls zu Protesten | |
vor den US-Vertretungen in Riad und Dschidda aufgerufen. Ein hochrangiger | |
iranischer Religionsführer, Ajatollah Nouri Hamedani, drohte mit „noch | |
harscheren Reaktionen“. | |
Angesichts der Proteste wurden die Sicherheitsvorkehrungen an den | |
US-Botschaften weltweit verschärft. Die USA schickten nach Medienberichten | |
neben einer Einheit von Elitesoldaten auch zwei Kriegsschiffe vor die Küste | |
Libyens. | |
## Schutz für US-Bürger | |
Nach den schweren Ausschreitungen vor der US-Botschaft in Sanaa | |
telefonierte US-Präsident Barack Obama am Donnerstagabend mit dem | |
jemenitischen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Beide hätten bekräftigt, | |
dass zusätzlicher Schutz für das amerikanische Botschaftspersonal notwendig | |
sei, teilte das Weiße Haus mit. Hadi habe Obama versichert, „alles, was | |
möglich “ zu tun, um Amerikaner im Jemen zu beschützen. | |
Nach dem tödlichen Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi, bei | |
dem in der Nacht zum Mittwoch der US-Botschafter Chris Stevens und drei | |
weitere Amerikaner getötet worden waren, nahmen Ermittler mehrere | |
Verdächtige fest. Zur Identität und Zahl der mutmaßlichen Angreifer machte | |
der stellvertretende Innenminister Wanis al-Scharif keine Angaben. | |
US-Sicherheitskreise vermuten das Terrornetzwerk Al-Qaida hinter der | |
Attacke. | |
Der Sprecher einer Islamisten-Miliz aus der ostlibyschen Stadt bestritt | |
jedoch, in den Angriff auf das US-Konsulat verwickelt gewesen zu sein. Die | |
Ansar al-Scharia-Brigade habe bei den Protesten keine Rolle gespielt, sagte | |
ihr Sprecher nach Berichten der libyschen Nachrichtenagentur Lana. | |
## Verbündeter im rechtlichen Sinne | |
Ägyptens Präsident Mohammed Mursi verurteilte die Gewalt. Allerdings | |
forderte er die USA zu „ernsthaften Schritten“ gegen den islamfeindlichen | |
Videofilm auf. „Wir sind gegen jede Handlung, mit der der Islam und der | |
Prophet Mohammed beleidigt werden soll, und wir sind gegen die Beleidigung | |
jeder Religion“, sagte Mursi nach einem Gespräch mit dem | |
EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy in Brüssel. | |
Unterdessen relativierte das Weiße Haus Äußerungen Obamas über die | |
amerikanisch-ägyptische Beziehung. Der Präsident hatte in einem | |
Fernsehinterview gesagt, das afrikanische Land sei „kein Verbündeter, aber | |
auch kein Feind“. Der Präsident habe den Begriff „Verbündeter“ dabei nu… | |
rechtlichen Sinne benutzt, sagte sein Sprecher Jay Carney. „Wie der | |
Präsident sagte, ist Ägypten ein langjähriger und enger Partner der | |
Vereinigten “, meinte er. | |
In dem in den USA produzierten Videofilm wird der Prophet des Islam als | |
Mörder, Kinderschänder und Frauenheld dargestellt. Als Autor, Regisseur und | |
Produzent des Films zeichnet ein „Sam Bacile“. Recherchen von US-Medien | |
ergaben bisher keine konkreten Spuren. Israel hat sich von Autor und Film | |
distanziert. Zunächst hatte es geheißen, der Produzent habe für den rund | |
zweistündigen Film fünf Millionen Dollar (3,9 Millionen Euro) von rund 100 | |
jüdischen Spendern eingesammelt. | |
Der umstrittene amerikanische Pastor Terry Jones in Florida, der mit einer | |
Koranverbrennung weltweit für Proteste gesorgt hatte, wollte den Film in | |
den USA öffentlich zeigen. | |
14 Sep 2012 | |
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