# taz.de -- Krise in Griechenland: Die Euro-Retter haben es eilig | |
> Forderungen des Verfassungsgerichts zum ESM sollen schnell umgesetzt | |
> werden. Für Athen zeichnet sich beim Sparen ein Aufschub ab. | |
Bild: Fröhliche Freunde Griechenlands: Christine Lagarde und Jean-Claude Junck… | |
BRÜSSEL taz | Der Rausschmiss Griechenlands aus der Eurozone ist vorerst | |
vom Tisch. Eine Entscheidung werde frühestens beim EU-Gipfel Ende Oktober | |
fallen, sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker bei einem Treffen in | |
Nikosia, der Hauptstadt von Zypern. Niemand wolle Athens Austritt, betonte | |
Juncker zugleich. In den laufenden Gesprächen mit der Troika herrsche eine | |
„gute Arbeitsatmosphäre“, lobte IWF-Chefin Christine Lagarde. | |
Damit ist ein „Grexit“ – so die Kurzbezeichnung für den „griechischen … | |
– noch in diesem Jahr unwahrscheinlich geworden. Zwar betonten die | |
Finanzminister aus Österreich und den Niederlanden, dass es kein drittes | |
Hilfsprogramm für Athen geben werde. Doch ein möglicher Kompromiss zeichnet | |
sich bereits ab: Die Eurogruppe könnte die Sparvorgaben strecken, so wie | |
dies die Regierung in Athen seit Wochen fordert, gleichzeitig aber auch die | |
Hilfszahlungen in die Länge ziehen. Damit könnten alle Seiten ihr Gesicht | |
wahren. | |
Statt um Griechenland ging es beim Ministertreffen unter südlicher Sonne | |
vor allem um Spanien – und um das deutsche Ja zum Europäischen | |
Stabilitätsmechanismus (ESM). | |
Juncker versicherte seinem deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble, dass | |
der deutsche Anteil am ESM unter allen Umständen bei 190 Milliarden Euro | |
gedeckelt bleibt, wie dies das Bundesverfassungsgericht gefordert hatte. | |
Außerdem sicherte Juncker eine umfassende Information der Bundestages zu. | |
Man bereite eine schriftliche Erklärung vor, damit Deutschland den | |
ESM-Vertrag schnell ratifizieren könne. | |
## Nicht der beste Prophet | |
Die Euroretter haben es eilig: Schon bei ihrem nächsten regulären Treffen | |
am 8. Oktober wollen sie den neuen 700 Milliarden Euro schweren | |
Rettungsschirm aufspannen. Der ESM werde „vom ersten Tag an einsatzfähig“ | |
sein, betonte dessen deutscher Chef Klaus Regling. Er sei sich sicher, dass | |
der ESM an den Finanzmärkten genauso erfolgreich sein werde wie der | |
Vorgänger EFSF. | |
Allerdings ist Regling nicht unbedingt der beste Prophet: Beim Start des | |
EFSF vor zwei Jahren hatte er sich sicher gegeben, dass Griechenland und | |
Irland die einzigen Hilfsempfänger bleiben würden. Doch heute sind schon | |
fünf Euroländer von Finanzspritzen abhängig; mit Slowenien kommt | |
möglicherweise schon bald das sechste hinzu. | |
Auch Spanien könnte demnächst den ESM brauchen. Die Regierung in Madrid | |
will zwar kein „Vollprogramm“ mit einen Besuch der Troika. Sie ist aber am | |
neuen Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank interessiert – und | |
dafür ist ein Antrag beim ESM nötig. Man bereite gerade ein neues | |
Reformprogramm vor, sagte Außenminister Luis De Guindos. Möglicherweise | |
will er damit den Auflagen zuvorkommen, die mit einem neuen Hilfsantrag | |
verbunden wären. Spanien steckt in einer tiefen Rezession und möchte ein | |
neues Spardiktat vermeiden. | |
14 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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