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# taz.de -- Rettungsfond ESM hängt in der Luft: Der Vertrag ist plötzlich irr…
> Der Rettungsfonds soll im Oktober gegründet werden, obwohl die Erlaubnis
> in den EU-Verträgen erst im Januar in Kraft tritt – sofern der EuGH
> zustimmt.
Bild: Hat es jetzt ganz eilig: Jean-Claude Juncker.
FULDA taz | Der Chef der Eurostaaten, Jean-Claude Juncker, hat eingeladen:
Am 8. Oktober sollen die Finanzminister der Eurogruppe zusammenkommen, um
den dauerhaften Rettungsfonds ESM zu gründen. Doch der steht zunächst auf
rechtlich unsicheren Füßen. Eine als Rechtsgrundlage gedachte Änderung der
EU-Verträge tritt erst zum Jahreswechsel in Kraft. Außerdem läuft gegen die
Änderung noch ein Gerichtsverfahren.
Die Bundesregierung sieht darin aber keine Probleme. Der ESM brauche
nämlich gar keine Rechtsgrundlage in den EU-Verträgen.
Das hörte sich vor zwei Jahren noch ganz anders an. Im Dezember 2010
beschloss ein EU-Gipfel auf deutschen Druck, den Vertrag über die
Arbeitsweise der EU (AEUV) zu ändern: In Artikel 136 soll eine Ermächtigung
eingefügt werden, die den Eurostaaten die Einrichtung eines dauerhaften
Eurorettungsfonds erlaubt.
Die Bundesregierung hielt das für notwendig, weil nach ihrer Lesart der
Verträge eigentlich jede Hilfe für überschuldete Staaten verboten ist. Nach
der damaligen Sitzung des Europäischen Rats trat Angela Merkel vor die
Presse und sagte, nun sei die „notwendige Vertragsänderung“ auf den Weg
gebracht.
## Rechtlich in der Luft
Auch das Bundesverfassungsgericht ging vorige Woche noch davon aus, dass
die Änderung von Artikel 136 rechtliche Relevanz hat. Sie bedeute eine
„grundlegende Umgestaltung der bisherigen Wirtschafts- und Währungsunion“,
hieß es im ESM-Urteil.
Allerdings tritt die Änderung von Artikel 136 erst am 1. Januar 2013 in
Kraft – selbst wenn die Mitgliedsstaaten die Änderung schon vorher
ratifiziert haben. Bis zum Jahreswechsel scheint der ESM also rechtlich in
der Luft zu hängen.
Das sieht die Bundesregierung aber ganz anders. Auf die Vertragsänderung
komme es nicht an. Sie habe „ausschließlich klarstellende Wirkung“,
erklärte das Finanziministerium auf Anfrage der taz.
Die Änderung umschreibe „nur den Handlungsspielraum, den die
Mitgliedsstaaten ohnehin haben“. Das kann man rechtlich durchaus so sehen.
Der Sinneswandel der Regierung zeigt aber, dass sie die EU-Verträge mal so,
mal so auslegt, wie es ihr gerade passt.
## Warum nicht warten?
Es ist auch nach wie vor nicht nachvollziehbar, warum der ESM so schnell in
Kraft treten soll. Schließlich ist der vorläufige Rettungsfonds EFSF noch
bis Juli 2013 arbeitsfähig.
Auch ein anderer Grund spräche dafür, mit der ESM-Gründung bis zum
Jahreswechsel zu warten. Am Europäischen Gerichtshof (EuGH) läuft nämlich
noch ein Verfahren, das die Änderung von Artikel 136 AEUV in Frage stellt.
Der links-unabhängige irische Abgeordnete Thomas Pringle hat es ausgelöst.
Nach seiner Ansicht hätte die Vertragsänderung nicht im vereinfachten
Verfahren durchgeführt werden dürfen. Vielmehr hätte das irische Volk in
einem Referendum befragt werden müssen.
## Juncker will nicht warten
Der irische Supreme Court hat deshalb Ende Juli den EuGH gefragt, ob
Artikel 136 im korrekten Verfahren geändert wurde. Bis Jahresende ist ein
Urteil zu erwarten, glauben Luxemburger Beobachter.
Doch Jean-Claude Juncker und die Eurostaaten wollen auch auf dieses Urteil
nicht warten. Wenn der ESM aber erst mal gegründet ist und die ersten 32
Milliarden Euro eingezahlt wurden, dann sind vollendete Tatsachen
geschaffen.
Die Bundesregierung sieht darin kein Problem. Weil der geänderte Artikel
136 ja eh nur klarstellende Wirkung habe, komme es auf das EuGH-Urteil auch
nicht an. Das zumindest ist konsequent.
17 Sep 2012
## AUTOREN
Christian Rath
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