# taz.de -- Korallen sterben weltweit: Zu träge für den Klimawandel | |
> Riffkorallen passen sich nur sehr langsam an veränderte Umweltbedingungen | |
> an. Deshalb sind sie vom Klimawandel besonders stark bedroht, warnt eine | |
> Studie. | |
Bild: Bedrohte Schönheiten: Korallenriffe leiden unter dem Klimawandel. | |
BERLIN taz | Riffe sind stärker vom Klimawandel betroffen als andere | |
Ökosysteme. Erwärmt sich das Oberflächenwasser der Meere um zwei Grad, | |
werden sämtliche riffbildende Steinkorallen schwer getroffen. Zu diesem | |
Ergebnis kommt die bislang „umfassendste und robusteste Analyse“ zur | |
Korallenbleiche, wie die Autoren im Fachblatt Nature Climate Change | |
berichten. | |
Es hat lange gedauert, bis sich der größte Teil der Weltgemeinschaft auf | |
ein verbindliches Klimaziel geeinigt hat, das als „verträglich für Natur | |
und Mensch“ gilt. Aber das „Zwei-Grad-Ziel“ nutzt den Riffbildnern wenig. | |
Bei einer entsprechenden Erwärmung, setzt eine lebensbedrohliche | |
Korallenbleiche ein, deren Ausmaß erschreckend ist. Dass eine Erhöhung der | |
Wassertemperatur Korallen schädigt, ist bekannt. | |
Auch das in der Studie verwendete Verfahren ist bewährt: „Wir benutzen | |
einen bereits etablierten Indikator für temperaturbedingten Stress bei | |
Korallen, um die Häufigkeit von Bleichungen zu beschreiben“, sagt | |
Hauptautorin Katja Frieler. Neu ist: Erstmals wurden „eine Vielzahl | |
verschiedener Klimamodellsimulationen einbezogen“, sagt die | |
Wissenschaftlerin vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) der | |
taz. | |
## | |
Bis jetzt einzigartig ist auch der Umfang der Studie. Die internationale | |
Forschungsgruppe rechnete die Erwärmungsszenarien für 2.160 Riffstandorte | |
mit 19 verschiedenen Modellen für das gesamte 21. Jahrhundert durch. Das | |
Ergebnis: „Bereits 2030 könnten 70 Prozent der Korallen langfristige | |
Schäden erleiden.“ Die Folgen einer Erwärmung um zwei Grad sind nicht nur | |
für die Korallen fatal. Riffe sind der Lebensraum rund eines Viertels der | |
ozeanischen Artenvielfalt. | |
Sie sind auch für den Menschen enorm wichtig, als Wellenbrecher zum | |
Küstenschutz, als touristische Einnahmequelle und vor allem als | |
Nahrungsquelle für rund 100 Entwicklungsländer. Es gibt noch einen | |
biologischen Ausweg für die Korallen: Sie passen sich den neuen | |
Verhältnissen an, etwa durch den Wechsel auf eine temperaturresistentere | |
Algenart. Die Chancen dafür stehen eher schlecht, erläutert Mit-Autor Ove | |
Hoegh-Guldberg von der australischen University of Queensland. | |
Der Grund ist die geringe Evolutionsgeschwindigkeit der Korallen. Diese | |
nimmt zu, je kürzer die Lebenszyklen sind. Korallen aber werden aber 5-100 | |
Jahre alt. Außerdem pflanzen sie sich als Klone fort, was die genetische | |
Vielfalt gering hält und so die Evolutionsgeschwindigkeit im Vergleich zur | |
geschlechtlichen Vermehrung weiter bremst. | |
„Korallenriffe sind schon deutlich unter einer globalen Erwärmung von zwei | |
Grad Celsius massiv von Bleichungsereignissen und den daraus folgenden | |
langfristigen Schäden bedroht“, fasst Fieler das Ergebnis der Studie | |
gegenüber der taz zusammen. Auch bei einer positiven Bewertung des | |
Anpassungspotentials der Korallen prognostizieren die Autoren, dass sich | |
bereits bei einer Erwärmung des Oberflächenwassers um maximal 1,5 Grad nur | |
noch die Hälfte aller Riffe schützen lässt. | |
17 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Patrick Loewenstein | |
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