# taz.de -- Erb-Diktatur Weißrussland: Der Sohn des Diktators | |
> Der weißrussische Autokrat Alexander Lukaschenko baut seinen achtjährigen | |
> Sohn Nikolai zum Nachfolger auf. Das Kind wird bei allen öffentlichen | |
> Auftritten vorgeführt. | |
Bild: Immer an Papas Seite: Präsidentensohn Nikolai Lukaschenko. | |
BERLIN taz |Am vergangenen Sonntag hatte der Kleine, in dunklem Anzug und | |
mit Krawatte, mal wieder einen großen Auftritt: An der Seite seines Vaters, | |
des weißrussischen autokratischen Staatschefs Alexander Lukaschenko, | |
schritt Nikolai (genannt Kolja) Lukaschenko in einem Minsker Wahllokal zur | |
Urne und durfte den Stimmzettel einwerfen. | |
Es gibt kaum einen Anlass, zu dem der Achtjährige, etwas blässlich | |
aussehende Blondschopf nicht in die Öffentlichkeit gezerrt wird: Sei es die | |
Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in Peking, eine Audienz beim Papst, | |
sei es ein Staatsempfang, eine der beliebten Militärparaden (bei denen er | |
Uniform trägt) oder ein Treffen von Lukaschenko senior mit den Präsidenten | |
von Russland, Armenien und der Ukraine – stets ist Kolja mit von der | |
Partie. | |
Auch im April letzten Jahres nach einer Bombenexplosion in einer Minsker | |
U-Bahn-Station, die 12 Todesopfer forderte. Gemeinsam mit seinem Erzeuger | |
inspizierte Kolja dort Blutlachen und Leichenteile. | |
So erdrückend die Präsenz des Filius ist, die bei Weitem nicht allen | |
Weißrussen gefällt, Koljas Mutter wurde bislang noch nicht gesichtet. | |
Bekannt ist nur, dass es sich um eine Medizinerin handelt, die Chefin des | |
Präsidentenklinikums, und dass sie Lukaschenkos persönliche Leibärztin | |
gewesen sein soll. Gerüchten zufolge lebt sie derzeit im Ausland. | |
Im vergangenen Jahr wurde Kolja in einem Vorort von Minsk eingeschult. Doch | |
laut russischen Presseberichten musste er die staatliche Schule alsbald | |
wieder verlassen, weil er sich mit seinen Mitschülern nicht verstanden | |
haben soll. Jetzt wird er zu Hause unterrichtet. | |
Schon seit Längerem wird spekuliert, Lukaschenko wolle mit Kolja seinen | |
Nachfolger aufbauen. Pessimisten könnten ihre Befürchtungen durch eine Rede | |
des Dauerpräsidenten bestätigt sehen, die dieser im Sommer bei einem Besuch | |
in Venezuela hielt. „Hier ist mein Sohn Nikolai“, stellte Lukaschenko nach | |
einer ausführlichen Würdigung der innigen Freundschaft zwischen Minsk und | |
Caracas seinen Nachwuchs vor. „Das bedeutet, dass ich jemandem in 20 bis 25 | |
Jahren den Stab übergeben kann.“ Eine solche Entwicklung möchte man dem | |
Land wirklich nicht wünschen. | |
24 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
## TAGS | |
Alexander Lukaschenko | |
Lukaschenko | |
Weißrussland | |
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