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# taz.de -- Flughafen Lübeck sucht Investoren: Neustart oder Bruchlandung
> Heute endet die Suche nach einem Privatinvestor für den städtischen
> Airport Blankensee. Ohne tragfähiges Konzept muss er geschlossen werden.
Bild: Bereit zu investieren, aber nur wenn der Staat beim Start hilft: der Lüb…
HAMBURG taz | Die Hoffnung stirbt zuletzt. „Vielleicht kommt jetzt endlich
wieder mal Bewegung rein“, hofft Stefanie Eggers, Pressesprecherin des
Lübeckers Flughafens. Denn am heutigen Dienstag will Bürgermeister Bernd
Saxe (SPD) das Ergebnis der Ausschreibung für den Betrieb des Airports
Blankensee im Süden der Hansestadt bekannt geben. Doch wenn sich kein
Investor mit einem langfristig tragfähigen Konzept findet, wird der
Flughafen im nächsten Jahr geschlossen werden müssen. Die Alternative
lautet: Neustart oder Bruchlandung.
Bürgermeister wie Flughafengesellschaft hüllen sich über die Angebote
offiziell in Schweigen. Vier seriöse Investoren sollen sich bis zum
gestrigen Montagmittag gemeldet haben, wird gemunkelt. Konkrete und
durchkalkulierte Betriebskonzepte müssten sie bis zum 15. Oktober vorlegen,
sagt Eggers. Danach begännen die Verhandlungen unter Leitung des
Bürgermeisters. Ende November könnte die Bürgerschaft der Hansestadt das
letzte Wort über den Verkauf sprechen.
Als einziger Interessent hat sich am Montag der Lübecker Unternehmer
Winfried Stöcker geoutet. Der Chef des weltweit tätigen
Medizintechnikunternehmens Euroimmun mit Hauptsitz in Lübeck will den
Flughafen zusammen mit weiteren Firmen aus der Region betreiben. Er selbst
wolle zwei Millionen Euro investieren, sagt Stöcker. Zusammen mit seinen
Partnern werde er „ausreichend hohen Kapitalstock“ bereitstellen können.
Voraussetzung sei, dass die Stadt den Airport zu 100 Prozent und „einem
symbolischen Preis“ veräußere. Zudem müsse Lübeck die Altschulden
übernehmen, die sich inzwischen auf angeblich rund 33 Millionen Euro
belaufen. Zudem hätte Stöcker gern für einen überschaubaren Zeitraum einen
„Konsolidierungszuschuss“ aus dem Stadtsäckel – wie lange und wie hoch, …
wegen der Vertraulichkeit der Verhandlungen nicht bekannt.
Lübeck hat mit seinem Regionalflughafen seit längerem leidvolle und teure
Erfahrungen machen müssen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wollte
die Hansestadt an der ehemaligen Zonengrenze den lokalen Landeplatz in
Ergänzung zu Hamburg-Fuhlsbüttel zum Regionalflughafen für
Schleswig-Holstein, den Westen von Mecklenburg-Vorpommern und den
Ostseeraum machen.
## Infratil wollte Startbahn und Terminals bauen
Im Jahr 2000 machte der irische Billigflieger Ryanair Blankensee zu seiner
Basis im Norden. 2005 kaufte der neuseeländische Investor Infratil der
Stadt die Mehrheit der Anteile am Flughafen ab. Infratil wollte Startbahn
und Terminals ausbauen. Ryanair kündigte täglich 42 Starts und Landungen zu
13 neuen Zielorten in ganz Europa an – zur Zeit sind es nur noch sechs.
Gleichzeitig stiegen jedoch die Verluste drastisch an. Für 2011 wird mit
einem Minus von rund 6,5 Millionen Euro das höchste Defizit in der
Geschichte des Flughafens befürchtet.
Im Oktober 2009 zogen sich die Neuseeländer deshalb zurück. Die Stadt
musste die Anteile zurückkaufen und war wieder alleiniger Gesellschafter
von Blankensee. Die Bürgerschaft verweigerte jedoch im November 2009 mit
der Mehrheit von SPD, Grünen und Linken weitere finanzielle Unterstützung,
sollte nicht rasch ein neuer Investor gefunden sein. Allerdings votierte
bei einem Bürgerbegehren im April 2010 eine Mehrheit der LübeckerInnen für
den Fortbestand des Flughafens. Deshalb beschloss die Bürgerschaft eine
finanzielle Absicherung des Flughafens bis Ende 2012 – und eine erneute
Investorensuche.
Und diese wird aller Voraussicht nach der letzte Rettungsversuch für
Blankensee sein. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hatte schon im
Landtagswahlkampf angekündigt, keinen Euro für den Flughafen ausgeben zu
wollen. Sein grüner Koalitionspartner lehnt Subventionen des Landes für
Blankensee seit langem rundweg ab. „Der Verkehrsflughafen für
Schleswig-Holstein ist Hamburg“, heißt es deshalb unmissverständlich im
Koalitionsvertrag der Dänenampel vom Juni 2012. Das Land werde sich „am
Betrieb von Flughäfen nicht beteiligen“ und „keine Investition in Flughäf…
fördern“.
Ablehnend steht auch die rot-rot-grüne Mehrheit in der Lübecker
Bürgerschaft weiteren Subventionen für Blankensee gegenüber. „Sattsam
bekannte Heilsversprechen“ werfen die Grünen Bürgermeister Saxe vor, obwohl
sie im Stadtparlament zusammen mit dessen SPD und der Linken regieren. Mit
dem „chronisch defizitären Flughafen muss am 1. Januar 2013 Schluss sein“,
lautet ihre Forderung.
Und auch die Sozialdemokraten erwarten von ihrem Verwaltungschef, auf eine
Abwicklung des Flughafens vorbereitet zu sein. Es sehe zurzeit so aus,
sagte am Wochenende der SPD-Finanzexperte Jan Lindenau auf einer
Veranstaltung in der Hansestadt, „dass die Insolvenz von Blankensee die
beste Lösung ist“.
24 Sep 2012
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
Sven-Michael Veit
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
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