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# taz.de -- Kongress der Zeitungsverleger: Sehen, staunen, wissen
> Ein Pirat durfte sich beim Verlegerkongress gegen ein
> Leistungsschutzrecht aussprechen. Ein ahnungsloser
> Ex-Verteidigungsminister war dafür.
Bild: Punktsieg gegen Springer-Mann Strunz: Pirat und Musikproduzent Bruno Kram…
BERLIN taz | Beim Kongress des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger
(BDZV) prallen manchmal Welten aufeinander. Nicht nur, weil da der ewige
RTL-Nachrichtenanker Peter Kloeppel auf dem Podium sitzt. Und sich staunend
anhören darf, dass Ex-Deutschlandfunker Ernst Elitz allen Ernstes sagt, bei
Bild und RTL hätte der Journalismus heute eine investigative Funktion, „die
früher der Spiegel allein hatte“.
Sondern vor allem, weil der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger sich
in diesem Jahr wirklich etwas getraut – und einen Piraten eingeladen hat.
Bruno Kramm, Bundesbeauftragter seiner Partei für Urheberrechtskonzepte,
kam, sah und siegte. Was ihm schon dadurch gelang, dass er sich durch
Hütchen und Haarfarbe wohltuend vom in Anthrazit gekleideten Verlegerpulk
abhob.
Weil Hemmschwellen zu überwinden waren, schmiss sich Moderator Claus Strunz
wie im Kinderfernsehen an Kramm ran: der Pirat, das unbekannte Wesen. Kramm
trug’s mit Fassung und gewann gegen die süffisant-kritischen Fragen des
Springer-Manns nach Punkten: Freier Zugriff auf urheberrechtliche
geschützte Werke im Netz könnten durchaus Sinn ergeben, weil die so
größeren Nutzerkreisen überhaupt bekannt würden. Und: Stimme die Qualität,
stelle sich auch Zahlbereitschaft ein. Dem geplanten Leistungsschutzrecht
für Presseverlage konnte Kramm erwartbarerweise nichts abgewinnen, es führe
nur zu weiteren „Mautstationen im Netz“.
Und dann war da noch Franz-Josef Jung. Sie erinnern sich – das war dieser
Verteidigungsminister, an den man sich eher nicht erinnert. CDU-Politiker,
blass und bieder. Seit ein paar Monaten könnte er allerdings für die
Verleger wichtig sein: Jung ist nämlich neuer Vorsitzender des
medienpolitischen Expertenkreises der CDU. Deshalb saß er beim
Verlegerkongress mit auf dem Podium, neben Hamburgs Bürgermeister Olaf
Scholz (SPD). Der hat Medienpolitik in der Hansestadt zur Chefsache
gemacht.
Um es mal vorsichtig zu sagen: Die CDU mit Jung nicht gerade. Da konnte
Strunz noch so harmlos fragen – bei Jung tat sich ein Abgrund von
Ahnungslosigkeit auf. Dabei sitzt er schon seit Jahren im ZDF-Fernsehrat,
wo er in Treue fest die anderen staatsfernen Unionsfreunde zur Abstimmung
führt. Doch auch da scheint er nicht viel mitzubekommen: ARD und ZDF
sollten nicht so auf die Quote schielen, sprach Jung. Allerdings habe er
schon Verständnis dafür, dass sich „auch die öffentlich-rechtlichen Sender
im Werbemarkt behaupten und möglichst viele Zuschauer erreichen müssen“.
Aha.
Immerhin: Jung sprach sich klar für ein Leistungsschutzrecht aus. Ohne
gleichzeitig dagegen zu sein. Und die Verleger klatschten erleichtert.
Nur um sich beim Auftritt von Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wieder das Haar zu raufen. Ihr
Gesetzentwurf für ein Leistungsschutzrecht geht den Verlegern eigentlich
nicht weit genug. Doch wenn er nun wenigstens schnell vor dem
Bundestagswahlkampf durchs Gesetzgebungsverfahren gepeitscht wird, wollen
sie zufrieden sein.
Doch was macht die Ministerin, der viele Verleger insgeheim vorwerfen, sie
würde das Gesetz am liebsten einfach verschleppen? Sagt, sie wünsche der
Petition der Piraten gegen das Leistungsschutzrecht „viele Unterschriften,
denn Einmischung und Debatte ist gut für die Demokratie. Dann laden wir
Experten ein und machen eine große Anhörung.“ Und dann ist die
Legislaturperiode längst vorbei. Aber das sagte die Ministerin natürlich
nicht.
25 Sep 2012
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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