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# taz.de -- Kampagne gegen Radikalisierung: Unsensible Verfehlung
> Die „Vermisst“-Aktion von Bundesinnenminister Friedrich ist angelaufen.
> Postkarten in der Kölner Keupstraße und Plakate in Berlin-Neukölln sorgen
> für Ärger.
Bild: Stein des Anstoßes: Plakat der „Vermisst“-Aktion.
BERLIN taz | Mittlerweile sind sie überklebt. Doch als die ersten,
umstrittenen Plakate des Bundesinnenministeriums in Berlin-Neukölln
auftauchten, die unter dem Slogan „Vermisst“ vor einer islamistischen
Radikalisierung warnen, wurden sie sofort beschmiert und mit Zetteln
zugepflastert. Darauf stand: „Wir vermissen Respekt“, oder auch: „Wir
vermissen die 300.000 Euro, die für diese rassistische Kampagne ausgegeben
wurden.“
Es war wohl einem Versehen der zuständigen Werbeagentur geschuldet, dass
die Plakate überhaupt aufgehängt wurden. Denn am 10. September hatte das
Bundesinnenministerium kurzfristig beschlossen, den Start der Plakataktion
aufzuschieben. Grund war eine „Gefährdungsbewertung des Bundeskriminalamts“
(BKA): Es hatte nach der Aufregung um das Mohammed-Schmähvideo abgeraten,
die Plakate zu kleben. Ansonsten läuft die Kampagne jetzt aber wie geplant:
mit Anzeigen in Jugendzeitschriften wie der Bravo, Werbebannern in
Onlineforen und Gratis-Postkarten.
Dass einige dieser Postkarten nun in der Kölner Keupstraße gelandet sind,
die 2004 das Ziel eines Nagelbombenanschlags der rechten NSU-Terrorzelle
war, hat für neue Empörung gesorgt. „Unsensibel“ war das Wort, das von
Oppositionspolitikern aus SPD, Linkspartei und Grünen sowie von
Islamverbänden dazu am häufigsten zu vernehmen war.
Die Postkarten würden bis Ende Oktober in insgesamt zehn Städten verteilt,
von München bis Wuppertal, sagte eine Sprecherin des Innenministerums der
taz. Die „Gefährdungsbewertung des BKA“, mit der der Stopp der Plakataktion
begründet wurde, bestehe aber weiter.
## Ahmad, Fatima, Hassan oder Tim
Mit der „Vermisst“-Kampagne will Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU)
auf eine Beratungshotline für Angehörige von in den Islamismus abdriftenden
Jugendlichen aufmerksam machen. Auf den Plakaten sind junge Männer und
Frauen abgebildet, die Namen wie Ahmad, Fatima, Hassan oder Tim tragen.
„Wir haben Angst, ihn ganz zu verlieren – an religiöse Fanatiker und
Terrorgruppen“, steht darunter.
Seit die Motive vor vier Wochen bekannt wurden, sorgt die Kampagne für
Ärger. Islamverbände kündigten aus Protest ihre „Sicherheitspartnerschaft�…
mit dem Ministerium auf. Türkische Zeitungen weigerten sich, die Anzeigen
anzunehmen. Die Hürriyet appellierte am Dienstag auf ihrer Titelseite an
die Kanzlerin, die Anzeigen zu stoppen. Auch Migrantenverbände fordern das.
27 Sep 2012
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Bombenanschlag
Gefängnis
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