# taz.de -- Islamisten in Nigeria: „Die Anschläge hören nicht auf“ | |
> Der Terror der islamistischen Untergrundbewegung Boko Haram nimmt kein | |
> Ende. Gespräche sind schwer vorstellbar, sagt Sicherheitsexperte | |
> Istifanus Zabadi. | |
Bild: Die Reste eines Autos, mit dem Islamisten von Boko Haram einen Anschlag v… | |
taz: Herr Zabadi, immer wieder wird Boko Haram als Nigerias größtes | |
Sicherheitsrisiko bezeichnet, Hunderte von Menschen sind bei ihren | |
Anschlägen gestorben. Wer ist diese Gruppe eigentlich, und welche Ziele | |
verfolgt sie? | |
Istifanus Zabadi: Es ist eine salafistische Gruppe, die sich zum Dschihad | |
bekennt. Sie will ihre eigene Auslegung des islamischen Glaubens verbreiten | |
und Nigeria zu einem islamischen Staat machen. Dazu nutzt sie den Dschihad. | |
Verbindungen hat sie zu al-Qaida und zu den somalischen al-Shabaab. Wenn | |
man auf der Straße danach fragt, sagen Nigerianer natürlich: Das ist | |
unmöglich. Trotzdem hören die Anschläge nicht auf. | |
Bislang ist Boko Haram ein Phänomen des mehrheitlich muslimischen Nordens | |
von Nigeria und der Hauptstadt Abuja. Wie wahrscheinlich ist es, dass sich | |
Boko Haram beispielsweise bis ins Nigerdelta oder nach Lagos ausbreitet? | |
Sie würde auf Schwierigkeiten stoßen. Ihre Anhänger stammen aus dem Norden. | |
Das ist ihr Territorium, wo sie sich auskennen. Jetzt in eine andere Region | |
vorzustoßen wäre schwierig. Außerdem hat sich in puncto Sicherheit einiges | |
getan. Mithilfe der Medien werden Menschen aufgefordert, zur Polizei zu | |
gehen, wenn sie auf merkwürdige Vorkommnisse in ihrer Region oder seltsame | |
Gesichter stoßen. | |
Im ölreichen Nigerdelta im Süden des Landes gibt es die Rebellengruppe | |
MEND, die „Bewegung für die Emanzipation des Nigerdeltas“. Auch MEND hat | |
Anschläge verübt. | |
Ja, theoretisch scheint es möglich, dass sich die Gruppen zusammenschließen | |
könnten. Praktisch ist aber das Gegenteil eingetreten. Im Nigerdelta heißt | |
es: Boko Haram soll sich aus unserem Gebiet fernhalten. | |
Im Nigerdelta ist es ruhiger geworden, seit die Regierung dort ein groß | |
angelegtes Amnestieprogramm einführte: Rebellen, die ihre Waffen abgeben, | |
bleiben von Strafverfolgung verschont und erhalten | |
Wiedereingliederungshilfen in die Gesellschaft. Wäre ein solches Programm | |
auch eine Lösung für Boko Haram? | |
Im Nigerdelta geht es um die Nutzung von Ressourcen und um die Forderung, | |
diese gerechter zu verteilen. Darüber lässt sich diskutieren. Aber kann man | |
das jetzt auch mit Boko Haram machen? Die Gruppe sagt ja nicht | |
beispielsweise, dass sie gegen die Armut kämpft. Sie will die Einführung | |
eines islamischen Staates. Wie geht man mit dieser Forderung um? Dennoch | |
denke ich, dass es zu Gesprächen kommt, wenn Boko Haram tatsächlich | |
gesprächsbereit ist. | |
Dabei ist Boko Haram kein neues Phänomen. Die Gruppe soll sich bereits vor | |
zehn Jahren gegründet haben. Hat die Regierung die Gefahr falsch | |
eingeschätzt? | |
Vor zehn Jahren sah es einfach nicht danach aus, dass diese Gruppe so | |
mächtig werden kann. Man konnte sie als einen Zusammenschluss von jungen | |
überschwänglichen Männern bezeichnen. Hätte vor zehn Jahren jemand gesagt, | |
dass es einmal nigerianische Selbstmordattentäter gibt, hätte man ihn | |
schlicht ausgelacht. Wir lieben unser Leben einfach zu sehr, um es aufs | |
Spiel zu setzen! | |
3 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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