# taz.de -- Radaktivist über Autofahrer-Lobby: „Wir nehmen uns die Straße“ | |
> Eine Initiative von „Kampfradlern“ ruft Radfahrer zu zivilem Ungehorsam | |
> im Verkehr auf. Der Aktivist Bernhard Stoevesandt erklärt warum. | |
Bild: Viele Ampeln seien „sehr fahrradfeindlich geschaltet – mit Wartephase… | |
taz: Herr Stoevesandt, Sie haben eine Kampagne gestartet, bei der sich | |
Radfahrer als „Kampfradler“ outen sollen – was bezwecken Sie damit? | |
Bernhard Stoevesandt: Wir bekennen uns dazu, die Verkehrsregeln so lange zu | |
übertreten, bis es gleiche Bedingungen für alle Verkehrsteilnehmer gibt. | |
Radfahrer werden von der Verkehrspolitik nicht mitgedacht, die Regeln sind | |
so gemacht, dass die Leute Auto fahren sollen. Deshalb haben Radler oft gar | |
keine Möglichkeit, sich an die Verkehrsordnung zu halten. Darauf wollen wir | |
hinweisen. | |
Sie rufen also zu einer Art zivilem Ungehorsam im Straßenverkehr auf? | |
Ja, genau. Wir haben es satt, als Randerscheinung wahrgenommen zu werden | |
und uns den Autos und Lkws unterordnen müssen. Wenn die Radwege schlecht | |
sind, nehmen wir uns die Straße. Wir wollen Druck auf die Politik machen, | |
damit die Bevorzugung des Autos ein Ende hat. | |
Wobei werden Radfahrer Ihrer Meinung nach denn konkret benachteiligt? | |
Zum Beispiel sind viele Ampeln sehr fahrradfeindlich geschaltet – mit | |
Wartephasen, die keinem Auto zugemutet würden. An manchen Kreuzungen müssen | |
Fußgänger und Radler an drei verschiedenen Ampeln warten, damit die Autos | |
in alle Richtungen abbiegen können. Wenn es Radwege gibt, sind die oft viel | |
schlechter als die Straßen, zu schmal oder ständig zugeparkt. Solche Dinge | |
wollen wir auf unserer Webseite dokumentieren. | |
CSU-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer fordert, „der Verrohung der | |
Kampfradler Einhalt zu gebieten“. War das der Auslöser für Ihre Aktion? | |
Ja, das hat uns wahnsinnig aufgeregt. Dahinter steht ja ein Konflikt um den | |
Verkehr: Wohlstand in Deutschland hatte ganz lange mit dem Autofahren zu | |
tun, die Industrie und die Autofahrer haben eine wahnsinnig starke Lobby. | |
Die Zeiten ändern sich aber und aufgrund der Klimaverhältnisse werden wir | |
uns nicht mehr leisten können, dass die Leute überall mit dem Auto | |
hinfahren. Dem Fahrradverkehr kommt deshalb in Zukunft eine viel größere | |
Bedeutung zu. Ein Minister, der sich damit profiliert, auf den Radfahrern | |
rumzuhacken, ist da total unproduktiv. | |
Was wäre denn stattdessen produktiv? | |
Die gesamten Verkehrsvorschriften sind nicht mehr so richtig zeitgemäß. Sie | |
kommen aus einer Zeit, als es viel weniger Radfahrer gab als heute. Wir | |
fordern, allen Verkehrsteilnehmerinnen gleich viel Raum einzuräumen, allen | |
die gleichen Ampelzeiten zuzuweisen – und eine Verkehrsplanung, die | |
Fahrräder insgesamt als gleichwertig betrachtet. | |
Da sind Sie ja ganz nah beim ADFC – wollen Sie mit dem zusammenarbeiten? | |
Nein, der ist uns viel zu defensiv. Der stellt sich hin und kontrolliert | |
selber die Radfahrer, damit die sich an die Regeln halten. Das ist das | |
falsche Signal. | |
5 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
## TAGS | |
Fahrrad | |
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