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# taz.de -- Sprache und Feminismus: Angst vor dem Einfachen
> FeminstInnen haben Anliegen, die alle angehen. Warum formulieren sie die
> dann so, dass nur sie selbst sie verstehen? Ein Ortstermin.
Bild: Warum formulieren sie die dann so, dass nur sie selbst sie verstehen?
BERLIN taz | Die Sprache macht es aus. Das wissen FeministInnen nur allzu
gut, zerpflücken sie die deutsche Sprache doch seit jeher in ihre
Bestandteile, kreieren Neues, eliminieren Überkommenes. Aber warum bedienen
sich nur so wenige FeministInnen einer mainstreamtauglichen Sprache,
darüber wollte Elena Pieper, Gleichstellungsbeauftragte der Jusos, sprechen
und lancierte die Diskussionsrunde „Wie wir sprechen – Ausschluss durch
akademische Sprache“ auf dem Barcamp Frauen in der Berliner Kalkscheune.
Das Grundproblem: Männer kommen vom Mars und Frauen von der Venus - solch
platten Weltsichten überzeugen offenbar viele Menschen. Der gleichnamige
Beziehungsratgeber von Therapeut John Gray erreichte eine Millionenauflage.
Eine große Beliebheit erfahren auch populärwissenschaftliche Zeitschriften,
die Thesen à la "Warum Frauen schlechter einparken und Männer einen
schlechteren Orientierungssinn haben" ventilieren.
„Das Unbehagen der Geschlechter“ der US-amerikanischen Theoretikerin Judith
Butler findet demgegenüber ein eher kleines Publikum. Selbst viele hier in
der Kalkscheune, obwohl mit dem feministischen Bildungskanon gut vertraut,
mussten Butler mehrmals lesen, um sie zu verstehen.
„Die Leute, die gegen den Feminismus 'bashen', haben wohl die richtigen
Worte gefunden“, sagt eine Teilnehmerin. Eine Andere pflichtet ihr bei:
„Wir müssen unsere feministischen Anliegen mehr an die Menschen
herantragen“.
Von selbst macht sich eine größere Öffentlichkeit diese Anliegen nämlich
nicht zu eigen. Wer hört schon gerne, dass er oder sie an den
Ungleichheiten dieser Welt mitschraubt. Simple Leitfäden zur Entwirrung
komplexer gesellschaftlicher Probleme haben es da einfacher.
## Schnelle mundtot
Trotzdem das bekannt sei, setzten zu viele im feministischen Diskurs
tendenziell auf Exklusion, sagen einige TeilnehmerInnen des Barcamps. Allzu
oft fielen in der Debatte Sätze wie „bildet euch doch“ oder „lies doch m…
dieses oder jenes Buch“. In feministischen Onlineforen würden Neulinge auf
diese Weise schnell mundtot gemacht, klagt eine Diskutantin. Aber woher
kommt dieser Hang zur Nischensprache?
Einige in der Runde vermuten das Problem in der deutschen
Wissenschaftssprache, die sich im Vergleich zum Englischen wenig um ihre
Verständlichkeit bemüht. Andere erklären das Dilemma mit der Spaltung
zwischen dem feministisch-wissenschaftlichen Diskurs und dem was
frauenpolitisch in der Praxis tatsächlich gefordert oder getan wird: „Die
zunehmende Akademisierung bewirkt eine Entpolitisierung der
Frauenbewegung“.
Aber wie entkommt man diesem nicht eben neuen Dilemma? Sollen künftig
tatsächlich nur noch die pädagogisch Fortgebildeten über feministische
Anliegen informieren? Nur noch die diskutieren, die dafür die Geduld
aufbringen? Solche Vorschläge gab es in der Kalkscheune.
Im Alltag würden die wohl schwer umzusetzen sein, Aber nach einer Stunde
Debatte war den meisten eines klar: Dass feministische Anliegen oft selbst
verschuldet am Mainstream vorbeischrammen. Die Diskussion im weniger
exklusiven Rahmen weiterzuführen, wäre nun wohl der nächste notwendige
Schritt.
8 Oct 2012
## AUTOREN
Laura Wösch
## TAGS
Handwerk
Alice Schwarzer
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