# taz.de -- Was Energie wirklich kostet: Mysterium EEG-Umlage | |
> Was bedeutet diese Zahl – 5,27 Cent pro Kilowattstunde? Ein Blick in die | |
> Details zeigt: Ein Indikator für die Kosten der Energiewende ist sie | |
> nicht. | |
Bild: 10 Stunden Leuchtkraft bringen einen Cent in die Ökostrom-Umlage. | |
BERLIN taz | Ökostrom ist eine fein transparente Sache. Jeder weiß genau, | |
wie viel er pro Kilowattstunde abdrücken muss, die er verbraucht. Auch die | |
Empfänger sind klar: Es gibt Listen über sämtliche Anlagen, die EEG-Umlage | |
bekommen. | |
Damit kann man rechnen: Wer nächstes Jahr eine 20-Watt-Birne 10 Stunden | |
lang brennen lässt, zahlt dafür ziemlich genau einen Cent in die EEG-Kasse. | |
Auf den zehntel Cent genau veröffentlichen die Netzbetreiber zudem, wie | |
viel Geld die Stromkunden insgesamt zur Förderung des Stroms aus | |
Windmühlen, Solaranlagen, Biomasse- oder Wasserkraftwerken zahlen. Im | |
September 2012 waren 1.654.567.807 Euro und 12 Cent, die Einnahmen aus dem | |
Verkauf des Stromes nicht abgezogen. | |
Auch die Idee hinter dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verspricht | |
Transparenz: Betreiber von Ökostromanlagen geben ihren Strom zu einem auf | |
20 Jahre staatlich garantierten Preis an die Netzbetreiber ab, die | |
verpflichtet sind, ihn abzunehmen. Sie verkaufen ihn an der Strombörse, die | |
Differenz aus Einnahmen und Garantiepreis stellen sie ihren Kunden in | |
Rechnung – die EEG-Umlage. | |
## Geringer Kostenanstieg | |
Trotz alldem ist die Sache nur scheinbar so simpel. Das verdeutlicht eine | |
vereinfachte Rechnung: Im ersten Halbjahr 2012 deckte Deutschland seinen | |
Strombedarf bereits zu 25 Prozent aus erneuerbaren Energien. Rund 13,4 | |
Milliarden kostete das bis September an EEG-Vergütung, auch hier die | |
Einnahmen aus dem Verkauf des Stromes noch nicht abgezogen. | |
In 2011 – erneuerbare Energien deckten 21 Prozent des Strombedarfs – gab es | |
im gleichen Zeitraum eine Vergütung von 12,2 Milliarden. Die reinen Kosten | |
der Produktion des erneuerbaren Stromes stiegen in den ersten neun Monaten | |
2012 gerade mal um 10 Prozent. Die EEG-Umlage explodiert, von 3,59 Cent auf | |
5,27 Cent pro Kilowattstunde verbrauchten Stromes – 47 Prozent mehr. | |
Was genau ist da los? Ein Blick auf die Grafik zeigt: In der EEG-Umlage | |
sind allerlei Zusatzkosten enthalten. Oft diskutiert und gescholten ist die | |
Industrieausnahme, die Teilen der Wirtschaft die EEG-Umlage erlässt, dafür | |
müssen alle anderen mehr zahlen. 2011 war die Umlage außerdem zu niedrig | |
angesetzt und muss nun erhöht werden. | |
## Paradox an der Strombörse | |
Zudem herrscht ein Paradoxon an der Strombörse: An sonnenreichen Tagen ist | |
so viel Solarstrom im Netz, dass dort die Preise gerade zur Mittagszeit | |
entlastet werden, wenn hohe Nachfrage herrscht. Eigentlich gut für alle. | |
Allerdings steigt damit die EEG-Vergütung, weil die Verkäufer von | |
Solarstrom ihren garantierten Preis bekommen, während mit dem Strom an der | |
Börse weniger zu erlösen ist. | |
Der Preis der Energiewende lässt sich nicht an den reinen Förderkosten der | |
erneuerbaren Energien ablesen. Zum einen, weil ihre positive Wirkung auf | |
das Klima nicht in Rechnung gestellt wird. Auch der volkswirtschaftliche | |
Nutzen, weil weniger Kohle und Gas importiert werden müssen, taucht nicht | |
auf. | |
Zum anderen bedeutet der Umbau des Systems Investitionen an anderer Stelle, | |
etwa in Netze und Stromspeicher – wobei das Problem derzeit nicht virulent | |
ist. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme geht davon aus, dass | |
erst ab einem Anteil von 70 Prozent erneuerbaren Energien Speicher | |
gebraucht werden – das dürfte noch zwei Jahrzehnte dauern. | |
10 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
## TAGS | |
Vattenfall | |
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