# taz.de -- Reaktionen auf Literaturnobelpreis: Lob vom Staat, Tadel von Blogge… | |
> Der Literaturnobelpreis für Mo Yan wird im chinesischen Internet heftig | |
> diskutiert. Der Staat lässt das Netz offen – auch für Kritik. | |
Bild: Hat die japanische Konkurrenz überflügelt: Nobelpreisträger Mo Yan. | |
PEKING taz | Auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Sina-Weibo schlug | |
die Nachricht ein wie eine Bombe. Nur wenige Minuten nachdem die Jury in | |
Stockholm bekannt gab, dass Mo Yan dieses Jahr den Literaturnobelpreis | |
verliehen bekommt, ratterte es an Einträgen über den auch in China | |
bekannten Autor. | |
Einer der ersten Einträge mit dieser Nachricht hatte nach nur wenigen | |
Minuten bereits über 460.000 Abrufe, kommentiert wurde er von | |
Zehntausenden. Und sämtliche Einträge waren auch Stunden später ohne | |
weiteres abrufbar. Anders als vor zwei Jahren bei der Verleihung des | |
Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo schritt die chinesische Internetpolizei | |
bei Mo nicht ein. | |
„Wir sind alle sehr stolz auf Mo“, freute sich ein Mikroblogger. Ein | |
anderer antwortete: „Endlich ist China auch als Kulturnation wieder zurück | |
auf der Weltbühne. „Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua titelte | |
„Herzlichen Glückwunsch“ und ließ eine Reihe von regimetreuen Literaten zu | |
Wort kommen. „Er verdient definitiv den Preis“, wird etwa Er Yue He | |
zitiert, ein bekannter chinesischer Schriftsteller. Sein Preis werde die | |
chinesische Literatur weltweit bekannter machen, sagte er. | |
## Sieg über Japan | |
Ein weiterer Mikroblogger sieht in der Ehrung Mos gar einen Sieg über | |
Japan. Ganz oben auf der Liste des Nobelpreiskomitees stand in diesem Jahr | |
auch der japanische Schriftsteller Haruki Murakami. Zwischen Japan und | |
China schwelt seit Monaten ein heftiger Streit um ein paar unbewohnte | |
Inseln im Ostchinesischen Meer. | |
Auf Weibo finden sich jedoch auch kritische Stimmen: Als Literat sei Mo | |
doch eher zweitklassig, schreibt ein Blogger. Vor allem aber sei er | |
unpolitisch. „Wie kann jemand über Chinas Armut auf dem Land schreiben, | |
ohne einen Bezug zur KP zu schaffen“, kritisiert er. Ein weiterer Blogger: | |
„Für mich hat der Nobelpreis seit heute jeden Respekt verloren.“ | |
Scharfe Kritik kommt auch von regimekritischen Schriftstellern. „Ich denke, | |
der Nobelpreis sollte an niemanden verliehen werden, der Mao Tse-tung lobt, | |
egal wie populär sein Werk ist“, schreibt etwa der Exilautor Yu Jie auf der | |
Webseite des internationalen PEN-Clubs. | |
Yu Jie verweist darauf, dass Mo Yan bei der Frankfurter Buchmesse 2009 mit | |
der offiziellen chinesischen Delegation den Saal verlassen hatte, als | |
regimekritische Autoren an einem Forum teilnehmen wollten. „Das hat | |
gezeigt, dass seine Rolle nicht die eines unabhängigen Autors ist, sondern | |
die eines Schreibers der Kommunistischen Partei.“ | |
11 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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Harvard | |
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