Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Sinologin über Mo Yan: „Der bedeutendste Erzähler Chinas“
> Die deutsche Sinologin und Literaturwissenschaftlerin Eva Müller freut
> sich über die Wahl des Nobelpreiskomitees – auch wegen seiner
> interssanten Frauengestalten.
Bild: Muss nicht mehr entdeckt werden: Literaturnobelspreisträge Mo Yan.
taz: Frau Müller, was haben Sie gedacht, als Sie hörten, dass Mo Yan den
Preis bekommt?
Eva Müller: Ich habe an Martin Walser gedacht. Er hat schon 2009 gesagt:
„Wer heute über China schreibt, sollte Mo Yan lesen.“ In meinen Augen ist
Mo Yan seit den achtziger Jahren der bedeutendste Erzähler Chinas. Da haben
sie nicht jemanden genommen, den sie erst entdecken mussten, sondern
jemanden, der nur in den anderen Ländern der Welt entdeckt werden muss.
Warum ist er so wichtig?
Schon in seinem ersten Roman, „Das rote Kornfeld“, hat er historische
Fragen als Menschheitsfragen gesehen. Seine Frauengestalten sind auch immer
interessant.
Warum?
Anfänglich war es noch die unterdrückte Frau, die trotzdem ihren Weg
findet. Im letzten Roman, „Die Sandelholzstrafe“, ist auch eine Frau die
Hauptfigur – in diesem Fall ist es eine Ärztin, die das Heft in der Hand
hält.
Woran liegt es, dass Mo Yan bei uns so unbekannt ist?
Chinesische Literatur, wenn sie nicht als sogenannte Dissidentenliteratur
gepuscht wird, hat bei uns den Ruch, keine künstlerische, sondern eine
soziologische Literatur zu sein. Sie sei langweilig. Tatsächlich ist sie ja
manchmal auch langatmig. Ein anderes Problem ist das Marketing. Ganz
wertlose Sachen wie „Shanghai Baby“ zum Beispiel, die keiner in China
gelesen hat, wurde hier groß herausgestellt.
Dabei geht es um die erotischen Abenteuer einer jungen Chinesin …
Das wurde als ganz was Neues dargestellt. Aber die chinesische Literatur,
sogar die offizielle Literatur, hatte ja immer schon erotische Aspekte. Da
wird behauptet, das ist das Allerbeste und das Allerneueste, und dann
kaufen die Leute bei uns das.
Warum ist uns chinesische Literatur oft fremd?
Die Chinesen erzählen immer Geschichten. Deshalb haben sie übrigens auch
auch mit der deutschen Literatur Schwierigkeiten, weil da keine Geschichten
mehr drin sind.
Warum werden Dissidenten eher gekauft als Schriftsteller, die in China auch
publizieren können?
Ich weiß nicht, ob sie eher gelesen werden – aber sie werden hier stärker
vermarktet. In China wird Mo Yan viel gelesen und viel beachtet. Das liegt
an seiner Ehrlichkeit. In seinem neuesten Roman rechnet er mit der
1-Kind-Politik ab. In einem Interview hat er gesagt: Ich habe mich damals
auch nicht gewehrt. Dafür will er mit seinem Buch etwas Buße tun.
12 Oct 2012
## AUTOREN
Jutta Lietsch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Chinesische Nobelpreisträger: Mo Yan hofft auf Freiheit für Liu Xiaobo
Mo Yan äußert sich erstmals zur Inhaftierung des Friedensnobelpreisträgers
Liu Xiaobo und bestreitet gleichzeitig die ihm unterstellte Parteinähe.
Friedensnobelpreis 2012: Frau EU bekommt den Preis
Die Europäische Union erhält den Friedensnobelpreis. Sie habe über sechs
Jahrzehnte entscheidend zur friedlichen Entwicklung in Europa beigetragen,
hieß es in der Begründung.
Literaturnobelpreis für Mo Yan: Der schreibende Bauer
Mo Yans Romane widmen sich Säufern, Menschenfressern und prügelnden
Bräuten. Die Geschichten spielen fernab von der Metropole Peking.
Kommentar Literaturnobelpreis: Kluge, weitsichtige Entscheidung
Mo Yan erhält den Literatur-Nobelpreis und Liao Yiwu den Friedenspreis des
Deutschen Buchhandels. Unterschiedlicher könnten die Preisträger nicht
sein.
Reaktionen auf Literaturnobelpreis: Lob vom Staat, Tadel von Bloggern
Der Literaturnobelpreis für Mo Yan wird im chinesischen Internet heftig
diskutiert. Der Staat lässt das Netz offen – auch für Kritik.
Nobelpreisträger Mo Yan und die Politik: Erlaubt ist, was gemäßigt ist
Missstände anzusprechen, ist in China zulässig. Zu weit darf die Kritik
nicht gehen, wie der Literaturnobelpreisträger Mo Yan und andere Literaten
zeigen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.