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# taz.de -- Deutschland blockiert Schuldeneinsicht: Die Kontoauszüge bleiben i…
> Die EU-Statistikbehörde Eurostat fordert mehr Transparenz bei der
> Staatsverschuldung. Doch Deutschland mauert bei der Frage nach den
> negativen Zahlen.
Bild: Sie tickt unaufhörlich – die Schuldenuhr.
BRÜSSEL taz | Die Bundesregierung sträubt sich gegen die Offenlegung
verborgener aktueller und künftiger Staatsschulden. Gemeinsam mit
Frankreich, Italien und Portugal hat Deutschland Einwände gegen einen
Entwurf der EU-Kommission erhoben, der für mehr Transparenz in der
EU-Statistik sorgen soll. Das Europaparlament ist empört, die
Bundesregierung spielt den Streit herunter.
Wenn es um Defizite und Schulden geht, predigt Deutschland normalerweise
absolute Transparenz. Seit Beginn der Griechenland-Krise vor drei Jahren
haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang
Schäuble (beide CDU) als Schulmeister präsentiert, die den Griechen
vernünftige Finanzverwaltung und Budgetplanung beibringen. Doch wenn es um
die eigenen Staatsschulden geht, gibt sich die Bundesregierung plötzlich
zugeknöpft.
Der Vorschlag der Kommission sieht vor, nicht nur die „Schulden inklusive
eventueller Verbindlichkeiten aus der Arbeit öffentlicher Unternehmen“ zu
melden, sondern auch Staatsgarantien, aufgeschlüsselt nach Bund, Ländern
und Kommunen. Zudem soll die EU-Statistikbehörde Eurostat künftig Daten
über „implizite Pensionsverpflichtungen“ von den Mitgliedern erhalten, die
erst in ferner Zukunft fällig werden.
Genau gegen diese Vorschrift sträubt sich Berlin nun. Man habe nichts
dagegen, Daten über abgeschlossene Perioden und klar überschaubare
Zeiträume zu liefern, sagte ein EU-Diplomat. Pensionszahlungen seien
dagegen mit großen Unsicherheiten behaftet, schließlich gehe es dabei um
Projektionen in die Zukunft. „Wir reden über Milliarden oder sogar
Billionen, die zum Teil erst in 80 Jahren fällig werden“, so der Diplomat.
Eine „seriöse Verwendung“ dieser Zahlen sei „nicht möglich“.
## Aktive Blockade
Genau das bestreitet Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im
Europaparlament. „Deutschland trägt für die Eurorettung große Risiken. Wir
haben daher großes Interesse an korrekter Schuldenstatistik“, sagte er. Die
Verhandlungsführer des Europaparlaments werfen den Gegnern von mehr
Transparenz im Ministerrat sogar einen Bruch des so genannten „Sixpack“
vor. Das ist der Vorläufer des Fiskalpakts, mit dem Merkel und Schäuble für
mehr Haushaltsdisziplin in der Eurozone sorgen möchten.
Deutschland nehme bei der Blockade eine besonders aktive Rolle ein, heißt
es in einem Verhandlungspapier des Parlaments, das der taz vorliegt. Dabei
bestehe „dringender Bedarf“ an verlässlicheren Statistiken. Die Grünen
fordern zudem, die bisher übliche rein statistische Betrachtung von
Schulden zu überwinden und einen „risikobasierten“ Ansatz zu wählen. Nur …
ließen sich die Auswirkungen künftiger Lasten sinnvoll bewerten.
Anders ausgedrückt: Heute steht Deutschland in der EU-Schuldenstatistik
noch relativ gut da. Doch als Land mit der ältesten Bevölkerung und der
geringsten Geburtenrate der EU könnte sich das bald ändern. Die
Bundesregierung in Berlin hat sicher schon entsprechende Berechnungen
angestellt – doch Brüssel soll nach ihrem Willen davon nichts erfahren.
12 Oct 2012
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Portugal
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