# taz.de -- Kommentar Portugal: Kurzfristig ist das neue langfristig | |
> Ist die europäische Krisenstrategie erfolgreich? Portugal ist der ideale | |
> Testkandidat. Bislang ist das Ergebnis ein Desaster: Sparen funktioniert | |
> nicht. | |
Die Eurozone ist erneut an einem Wendepunkt, und ausgerechnet Portugal | |
steht dafür als Symbol. Bisher hat das Krisenland nicht viel Aufmerksamkeit | |
erhalten – gerade weil es so brav war. Brav wurde jede Sparvorgabe von IWF | |
und EU umgesetzt, brav haben Regierung und Opposition zusammengearbeitet. | |
Brav hat die Verwaltung funktioniert und die Steuern eingetrieben. Manchmal | |
störten zwar Demonstrationen das Bild, blieben aber folgenlos. | |
Portugal ist also der ideale Kandidat für einen Test, ob die europäische | |
Krisenstrategie funktionieren kann. Das Ergebnis ist desaströs. Die | |
Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit steigt, die Defizite werden | |
größer statt kleiner. Die Situation ist ausweglos, wie der einzige Ausweg | |
zeigt, den die portugiesische Regierung sieht: Sie will bei jedem | |
Arbeitnehmer umgerechnet einen weiteren Monatslohn streichen, indem sie | |
Steuern und Abgaben erhöht. | |
Die Folgen sind abzusehen: Die Wirtschaft wird erneut schrumpfen, und die | |
Armut wird noch größer. Aber die portugiesische Regierung hat ja Recht, | |
dass ihr keine Alternative bleibt. Sie muss ausführen, was IWF und EU | |
diktieren. | |
Portugal ist wehrlos, aber diese Ohnmacht ist eine Macht, die die | |
portugiesische Regierung nutzt. Indem sie die Sparvorgaben einhält, zeigt | |
sie, dass der Sparkurs nicht funktioniert. Darauf werden IWF und EU bald | |
reagieren müssen, wenn sie sich nicht völlig diskreditieren wollen. | |
Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble scheint zu ahnen, dass eine Wende in | |
der Eurokrise unvermeidlich ist. Also erzählt er davon, dass man die Macht | |
des Währungskommissars ausbauen könnte. Bei diesem „Masterplan“ verwechse… | |
Schäuble jedoch kurzfristig mit langfristig. Kurzfristig wird er Portugal | |
unterstützen müssen – auch wenn dies Milliarden kostet. | |
16 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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