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# taz.de -- Regierungskrise in Polen: 14 sichern Tusk das Vertrauen
> Es hat gereicht: Polens Regierungschef Donald Tusk hat die überraschend
> gestellte Vertauensfrage überstanden. Nun gibt er sich für die Zukunft
> pragmatisch.
Bild: Roland Tusk spricht, polnische Abgeordnete hören zu.
WARSCHAU dpa | Der polnische Regierungschef Donald Tusk hat die
Vertrauensabstimmung im polnischen Parlament für sich entscheiden können.
Für den liberalkonservativen Regierungschef und seine Koalitionsregierung
stimmten am Freitag 233 Abgeordnete, 219 Parlamentarier verweigerten ihm
das Vertrauen. Tusk hatte am Vorabend überraschend angekündigt, nach der
Vorstellung seines Regierungsprogramms für die kommenden drei Jahre die
Vertrauensfrage zu stellen.
Tusk, der vor gut einem Jahr als erster polnischer Regierungschef seit 1989
für eine zweite Amtszeit bestätigt worden war, gab sich in seinem Ausblick
auf den Rest der Legislaturperiode vor allem pragmatisch. Allerdings
ignorierte er auch soziale Themen nicht. Mehr Investitionen ins Straßen-
und Schienennetz, in die Energieversorgung sowie mehr Unterstützung für
Familien versprach er. Mit der Verlängerung des Erziehungsurlaubs und
höheren staatlichen Subventionen für Kindergärten soll die Familienpolitik
gestärkt werden.
## Erbitterter Richtungsstreit
„Die Polen sollen sehen, dass ich um ihr Vertrauen kämpfe“, sagte Tusk zu
Beginn seiner Rede zum Vertrauensvotum. Theoretisch konnte er sich der
einfachen Mehrheit von 231 Stimmen sicher sein: Zusammen mit dem
Koalitionspartner, der Bauernpartei PSL, verfügt Tusks Bürgerplattform PO
über 234 Abgeordnetenmandate im Sejm.
Allerdings herrschte innerhalb seiner Partei zuletzt ein erbitterter
Richtungsstreit etwa über eine Verschärfung des Abtreibungsrechts. Auch der
Plan, ein Gesetz zur Anerkennung homosexueller Partnerschaften
einzubringen, stößt in Teilen der Partei auf wenig Gegenliebe.
Er wisse, dass eine Regierung nach fünf Jahren an der Macht auch
Enttäuschungen auslöse, sagte Tusk angesichts der derzeit schlechten
Umfragewerte für seine Koalition. Gleichzeitig stimmte er Abgeordnete und
Wähler auf schwierige Zeiten ein: Der Kampf gegen die Wirtschaftskrise
dauere an. Millioneninvestitionen sollen die Wirtschaft ankurbeln, ohne
dass die Haushaltsdisziplin darunter leiden soll, versprach Tusk.
## „Die Polen haben genug“
Nationalkonservative und linke Opposition gaben sich in der Debatte nach
dem Rechenschaftsbericht enttäuscht: Der Bericht sei wenig konkret und gebe
keine Visionen, kritisierte Boleslaw Piech von der nationalkonservativen
Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). „Die Polen haben schon
genug von dieser Regierung und diesem Premier“, sagte er. Über den Wandel
Polens in einen modernen Staat habe Tusk „praktisch nichts gesagt“, zeigte
sich auch Janusz Palikot von der Linkspartei Ruch Palikota enttäuscht.
Staatspräsident Bronislaw Komorowski, der Tusks Rede im Parlament
verfolgte, sprach anschließend vor Journalisten von einer „mutigen
Entscheidung“ Tusks, mit der am Vorabend beantragten Vertrauensfrage alles
auf eine Karte zu setzen. Nach jüngsten Umfragen würden derzeit nur 26
Prozent der Polen für Tusks Bürgerplattform stimmen - bei den Wahlen im
vergangenen Jahr waren es knapp 40 Prozent.
13 Oct 2012
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Polen
Polen
Homophobie
Schwerpunkt Abtreibung
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