# taz.de -- Asse-Ausschuss tagt zum letzten Mal: Keiner will's gewesen sein | |
> Gleich vier Abschlussberichte kursieren zu den Pannen im Salzstock Asse. | |
> Die Frage, wie er unversehens zur Atommüll-Kippe wurde, bleibt | |
> unbeantwortet. | |
Bild: Viele Akten, wenig Einigkeit: Asse-Untersuchungsausschuss. | |
HANNOVER taz | Diesen Donnerstag tagt der Parlamentarische | |
Untersuchungsausschuss zum maroden Atommülllager Asse zum letzten Mal in | |
Hannover. Den üblichen gemeinsamen Abschlussbericht aller Fraktionen wird | |
es nach den gut dreieinhalb Jahren Aufklärungsarbeit zu den Pannen rund um | |
das marode Ex-Salzbergwerk bei Wolfenbüttel allerdings nicht geben. | |
Auf eine Bewertung konnten sich die schwarz-gelbe Regierung und die | |
Opposition nicht einigen. Ihre Einzelberichte haben Grünen- und | |
Linksfraktion am Dienstag in Hannover vorgestellt. Die SPD will nachziehen: | |
am Donnerstag im Vorfeld der Abschlusssitzung. | |
Vom „größten atompolitischen Skandal in deutschen Geschichte“ spricht der | |
Abgeordnete Kurt Herzog (Die Linke). Die Grünen erkennen in der Asse ein | |
„Mahnmal gegen die Skrupellosigkeit der Atomlobby“. | |
Von „Wegschauen und Leugnen mit System“ sprechen beide nach der Anhörung | |
von 50 Zeugen und dem Durcharbeiten Tausender Seiten Akten. Probleme seien | |
jahrzehntelang vertuscht worden, um keine Zweifel aufkommen zu lassen an | |
der Eignung von Salzstöcken als Endlager – und der Atomenergie an sich. | |
In den 1960ern im Auftrag des Bundes als Forschungsbergwerk und | |
Endlagerstätte gegründet, hatte die Asse vor allem zwei Funktionen: | |
Deutschen Atomkraftwerken diente sie als „Entsorgevorsorgenachweis“ – und | |
war damit eine Voraussetzung für den Betrieb der Meiler. | |
Als Forschungsbergwerk war sie „Blaupause für Gorleben“, wie es | |
Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel formuliert: In der Asse sollte | |
nachgewiesen werden, dass sich Salzformationen – und damit auch der | |
benachbarte Salzstock Gorleben – als Atommüllendlager eignen. | |
Zweifel seien vom Tisch gewischt worden, auch wegen des Drucks aus der | |
Atomindustrie, sind sich Grüne und Linke sicher. Sie fordern Konsequenzen, | |
vor allem die Rückholung des eingelagerten Mülls, so wie es Niedersachsens | |
Landtag im Sommer einstimmig beschlossen hat. Die Grünen wollen zudem die | |
Atomindustrie an den Sanierungskosten für das Bergwerk beteiligt sehen. | |
Uneins sind beide Fraktionen sich unterdessen bei der Frage der | |
Verantwortung: Die sieht der Linken-Abgeordnete Herzog bei Bundes- und | |
Landespolitikern schwarz-gelber wie rot-grüner Regierungen. | |
Grünen-Fraktionschef Wenzel hingegen betont, darauf geachtet zu haben, | |
„nicht die parteipolitische Brille aufzusetzen“. Namen, die er als | |
„Vertuscher, die noch heute in öffentlichen Ämtern sitzen“, konkret nennt, | |
sind dann aber doch nur Gerald Hennenhöfer und Bruno Thomauske. | |
Hennenhöfer war einst Anwalt des Ex-Asse-Betreibers Helmholtz Zentrum | |
München, heute ist er als Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium. | |
Thomauske war als Abteilungsleiter beim Bundesamt für Strahlenschutz mit | |
der Asse befasst, wurde dann Vattenfall-Manager und ist heute vom Bund als | |
„unabhängiger Gutachter“ mit einer Gorleben-Sicherheitsanalyse beauftragt. | |
Weiter als CDU und FDP sehen sich die Grünen damit allemal: In deren | |
Abschlussbericht heißt es, Schuld hätten Politik, Wissenschaft und | |
Wirtschaft gemeinsam. Alle Beteiligten seien „oft überfordert“ gewesen. | |
„Konkretes Fehlverhalten Einzelner“ wollen CDU und FDP nach dreieinhalb | |
Jahren Ausschuss „nicht feststellen“ können. | |
Es reiche nicht, hält die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin Gabriele | |
Heinen-Klajic dem entgegen, „nur die Geschichte zu erzählen und rückwirkend | |
zu sagen, was falsch gelaufen ist“. | |
16 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Atommüll | |
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