# taz.de -- Umfrage über Arbeitslose: Und ewig funktioniert das Vorurteil | |
> Mehr als die Hälfte der Bundesbürger glaubt immer noch, Arbeitslose seien | |
> faul. Das zeigt eine neue Umfrage. Mit der Realität hat das jedoch wenig | |
> zu tun. | |
Bild: Niemand steht hier gern in der Schlange. | |
BERLIN taz | Arbeitslose sind faul, schlecht ausgebildet und sehen den | |
ganzen Tag nur fern. Diese Vorurteile sind in der Gesellschaft weit | |
verbreitet, ermittelt eine repräsentative Befragung des Instituts für | |
Demoskopie Allensbach, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. | |
Im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit (BA) befragte das Institut 1.560 | |
Personen ab 16 Jahren nach ihrem Bild von Arbeitslosen, die das | |
Arbeitslosengeld II erhielten. Heraus kam, dass die Bevölkerung generell | |
Verständnis für die „schwierige Situation der sogenannten | |
Hartz-IV-Empfänger“ habe, sagt Allensbach. | |
Allerdings glauben 55 Prozent auch, dass Hartz-IV-Empfänger selbst nicht | |
aktiv nach Arbeit suchten und auch keiner anderen sinnvollen Beschäftigung | |
nachgingen. Über ein Drittel der Befragten gab sogar an, Arbeitslose | |
wollten gar nicht arbeiten. | |
„Diese Vorurteile werden den Menschen im Leistungsbezug nicht gerecht. | |
Täglich haben wir mit hoch motivierten, engagierten Leuten zu tun“, sagte | |
Stephan Felisiak, Geschäftsführer des Jobcenters Friedrichhain-Kreuzberg, | |
bei der Vorstellung der Umfrage. | |
## Eine zweite Umfrage | |
Um neben den Vorurteilen auch die Realität zu zeigen, hatte die BA noch | |
eine zweite Studie in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse des Instituts für | |
Arbeitsmarkt und Berufsforschung, der Forschungseinrichtung der BA, | |
zeichnen ein anderes Bild: Für 75 Prozent der Hartz-IV-Empfänger ist Arbeit | |
das Wichtigste im Leben. | |
Fast ebenso viele würden daher Arbeit annehmen, für die sie | |
überqualifiziert sind. 62 Prozent sprächen auf Eigeninitiative bei | |
Arbeitgebern vor. Ebenfalls 62 Prozent der Arbeitslosen gingen einer | |
gesellschaftlich relevanten Tätigkeit nach. | |
Das kann Kinderbetreuung sein, eine Erwerbstätigkeit, die den | |
Lebensunterhalt nicht deckt, oder ein Ehrenamt. „Viele suchen händeringend | |
nach Möglichkeiten, der Gesellschaft etwas zurückzugeben“, sagte Heinrich | |
Alt, Mitglied im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit. | |
## Kampagne geht weiter | |
Man sei sich der „Kanten und Brüche in den Erwerbsbiografien“ mancher | |
Klienten bewusst, so Alt. Aber der Großteil sei hoch motiviert und verdiene | |
eine zweite Chance. „Wir müssen Vorurteile abbauen und über die Potenziale | |
der Langzeitarbeitslosen aufklären“, sagte Alt. | |
Die BA will deshalb ihre Kampagne „Ich bin gut“ auch in diesem Jahr | |
fortführen. Sie stellt ehemalige Arbeitslose und deren neue Arbeitgeber vor | |
und will zeigen, wie engagiert und motiviert Menschen ohne Job sind. | |
Wie es überhaupt zu den hartnäckigen Vorurteilen kommt, erklärt man sich | |
bei der BA durch einseitige Medienberichterstattung und Unwissenheit. Die | |
meisten Menschen hätten schlichtweg keinen Kontakt zu Arbeitslosen, sagte | |
Alt. | |
Dass aber auch Politiker, wie etwa Exarbeitsminister Wolfgang Clement, | |
Stimmung gegen Arbeitslose machen, blieb unerwähnt. | |
16 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Franziska Haack | |
## TAGS | |
Unternehmen | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Arbeitsmarkt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studie über Langzeitarbeitslose: Deutlich besser als ihr Ruf | |
Langzeitarbeitslose sind weder faul noch unzuverlässig. Eine neue Studie | |
zeigt, dass Arbeitgeber mit ehemaligen Hartz-IV-Empfängern sehr zufrieden | |
sind. | |
Subventionierte Arbeitsplätze: Rot-Grün plant für den Wahlsieg | |
Rot-Grün will bei einem Wahlsieg 2013 öffentlich geförderte Beschäftigungen | |
für Langzeitarbeitslose ausbauen. Das könnte 210 Millionen Euro kosten. | |
Sozialrechtlerin über Langzeitarbeitslose: „Ein gigantischer Niedriglohnsekt… | |
Die Sozialrechtlerin Helga Spindler spricht über die Pläne des | |
Paritätischen Wohlfahrtsverbandes für Langzeiterwerbslose und sinnvolle | |
Arbeitsmarktkonzepte. | |
Glücksatlas 2012: Peggy sucht das Mini-Glück | |
Angst vor der Krise haben die Deutschen nicht, sagt der „Glücksatlas 2012“. | |
Nur ohne Arbeit möchten sie nicht sein, schon eine prekäre Beschäftigung | |
befriedigt. | |
Schnäppchen für Arbeitgeber: Aktien gegen Arbeitnehmerrechte | |
Aushöhlung des Arbeitsrechts: Schatzkanzler Osborne will Arbeitnehmern | |
steuerbefreite Aktien geben, wenn sie auf Kündigungs- und | |
Mutterschaftsrechte verzichten. | |
Arbeiten im Jobcenter: Der Tacker als Wurfgeschoss | |
Eine Frau im Jobcenter Neuss wird erstochen, das Motiv ist noch unklar. | |
Beschimpfungen und Gewalt sind in Jobcentern aber Tagesgeschäft für die | |
Mitarbeiter. | |
Armut und Reichtum: Mehr Jobs, größere Ungleichheit | |
Die Ergebnisse des Berichts der Bundesregierung liegen vor: Trotz positiver | |
Entwicklungen ist das Armutsrisiko ist seit 2005 gleich hoch geblieben. |