# taz.de -- Bastian Pastewka über neue Komödie: „Dieser Film braucht mich n… | |
> In seiner neuen Komödie „Mutter muss weg“ ist Bastian Pastewka nur einer | |
> unter großartigen Schauspielern. Er darf mehr sein als nur komisch. | |
Bild: Mutter (Judy Winter) und Muttersöhnchen (Bastian Pastewka). | |
taz: Herr Pastewka, wollen Sie jetzt ein richtiger Schauspieler werden? | |
Bastian Pastewka: Wie kommen Sie darauf? | |
Weil „Mutter muss weg“ zwar eine Komödie ist, sich aber recht deutlich von | |
dem unterscheidet, wie wir Sie kennen. Was hat Sie an dem Film gereizt? | |
Die Rolle selbst und die skurrile, herrlich verirrte Geschichte. Ich spiele | |
ein Muttersöhnchen namens Tristan. Aber zum Glück gehen das Buch von Marc | |
Terjung und die Inszenierung von Edward Berger weit darüber hinaus, dass | |
ich geseitenscheitelt durch den Plot tapse: Der Film setzt ein, als dieser | |
Tristan beschließt, sich nach 40 Jahren von der Knute seiner dominanten | |
Mutter zu befreien. Aber sich so spät noch mal fundamental zu ändern klappt | |
nie. Ich will ja nicht zu viel verraten, aber auch Tristan gelingt das | |
eventuell nicht vollständig. Doch diese permanente Überforderung, der | |
Leidensdruck, ist natürlich der Nährboden fürs Komische. | |
Welche Rolle hat der Wunsch gespielt, als Schauspieler ernst genommen zu | |
werden? | |
Das Komödiantische in mir zu leugnen, wäre Quatsch. Ich habe diese Rolle | |
angenommen, weil ich das Gefühl hatte, etwas ausrichten zu können – auch | |
wenn es mir dann schwer gefallen ist, Tristan zu spielen. Ich habe erst | |
keinen Zugang gefunden. Das sollte ja eine Figur werden und kein | |
Abziehbild. | |
Wie haben Sie den Zugang schließlich gefunden? | |
Irgendwann ist mir aufgegangen, dass Tristan stets von seiner Umwelt hin- | |
und hergestoßen wird wie eine Flipperkugel. Er kann sich nicht durchsetzen, | |
hat sich noch nie laut erlebt und noch nie schön. Das war der Anker. Bei | |
„Pastewka“ helfen mir immer wieder Anleihen aus meinem Privatleben. „Mutt… | |
muss weg“ hat nichts mit mir zu tun. Das war die Schwierigkeit. Und | |
zugleich der Reiz. | |
Das Presseheft liest sich so, als hätte es „Mutter muss weg“ ohne Ihre | |
Zusage nicht gegeben. | |
Das glaube ich nicht. Ich war offenbar der Erste, den sie gefragt haben. | |
Mit mir im Kopf wurde das Buch erarbeitet, vom Treatment zu einer ersten, | |
zweiten, dritten Drehbuchfassung. Alle Beteiligten wussten aber – so fair | |
wollte ich sein –, dass ich bei Nichtgefallen meine Ausstiegsklausel | |
einsetzen würde. Und dann hätten sie einen Kollegen fragen können, der das | |
sicher wunderbar gemacht hätte. Und ich wäre kein Stück böse gewesen. | |
Als Publikumsliebling können Sie mit Absagen unter Umständen ein ganzes | |
Projekt gefährden. | |
Natürlich geht man in so einem Falle sehr genau mit sich ins Gericht. Zum | |
Glück habe ich aber sehr gute Antennen dafür, wenn die Interessen der | |
Beteiligten unüberbrückbar auseinanderdriften. Es ist mir aber auch schon | |
passiert, dass ich, weil ich ein netter Mensch sein wollte, gegen mein | |
Bauchgefühl entschieden und erst unnötig spät die Notbremse gezogen habe. | |
Dann ist man zwangsläufig das Arschloch. | |
Zumindest „Pastewka“ würde es ohne Sie nun wirklich nicht geben. Wie sehr | |
spüren Sie die Verantwortung gegenüber dem Format? | |
Inhaltlich drücke ich den Folgen nur zu einem sehr geringen Prozentsatz | |
meinen Stempel auf, den Löwenanteil bei „Pastewka“ übernehmen meine Autor… | |
Chris Geletneky und Sascha Albrecht … | |
… die Sie immer brav erwähnen. Man könnte ja auch sagen: Mein Name ist | |
Bastian Pastewka, und ich rocke das Haus. | |
Aber wenn es einfach nicht stimmt? „Pastewka“ ist eine Ensemble-Comedyshow. | |
Meine Verantwortung für die Serie äußert sich etwa darin, dass ich am Set | |
einen Gastgeberkomplex entwickelt habe. Gästen gegenüber, die nur ein, zwei | |
Tage mit uns vor der Kamera stehen, verhalte ich mich genauso, wie wenn ich | |
bei mir zu Hause Besuch habe. Manchmal sehe ich mich in dieser Rolle aber | |
auch gezwungen, Schaupielern mit einer Tagesrolle zu erklären, dass sie | |
nicht so dick auftragen müssen, als würden sie sich für die Rückkehr der | |
„Camper“ bei RTL qualifizieren wollen. Der Einzige, der überziehen darf, | |
bin ich. Letztlich ist es wichtig, dass wir alle zusammen als Vehikel einer | |
22-minütigen Folge und einer Geschichte funktionieren. | |
Wie sehr Gemeinschaftswerk ist „Mutter muss weg“? | |
Da ist das prinzipiell nicht anders. Das Ensemble – Judy Winter, Rosalie | |
Thomass, Karoline Eichhorn – kurz einatmen, ausatmen, Griff ans Herz – Jörg | |
Hartmann, Jürgen Schornagel, Albert Kitzl, Götz Schubert besteht durchweg | |
aus Granatenschauspielern. Anders gesagt: Dieser Film braucht mich nicht. | |
Sie kokettieren. | |
Nein, ich bin ehrlich dankbar, dass ich dabei sein und im Zusammenspiel mit | |
so großartigen Kollegen meine Grenzen ausloten durfte. Wenn mir Karoline | |
Eichhorn als strenge Therapeutin gegenüber sitzt, könnte ich auch aus dem | |
Bild gehen und die Szene wäre genauso gut. Oder Judy Winter mit ihrem | |
wahnsinnig exakten Timing und ihrer tollen Stimme, die auch im Leichten | |
etwas Boshaftes versteckt, die im Schweren immer etwas Heiteres hat. Bei | |
Leuten, vor denen ich Hochachtung habe, verwandele ich mich in einen Fan. | |
Jetzt spricht der Fernsehliebhaber Bastian Pastewka. | |
Ja, so ist es. Sollen die Leute doch sagen: Dieser Pawelka ist ein Komiker, | |
der in dem Film nichts verloren hat mit seiner bescheuerten Brille. Ich | |
jedenfalls bin froh, dass „Mutter muss weg“ durch dieses Ensemble und die | |
Regie von Edward Berger, den ich hier gar nicht oft genug erwähnen möchte | |
und kann, ein gesunder, stimmiger Film geworden ist, mit einem klaren | |
Aroma, einer klaren Marke. | |
Sie scheinen regelrecht verliebt. | |
Ich bin noch in der Anbahnungsphase, eben weil dieser 90-Minüter mir nicht | |
leicht gefallen ist. Es fällt mir schwer, hier Maßstäbe anzulegen, zu | |
sagen: Der Film ist gut, weil … Ich habe die Argumente noch nicht, aber | |
mein Instinkt sagt mir, dass er uns gelungen ist, weil sehr viele Menschen | |
unfassbar sorgfältig darauf geachtet haben, dass nichts Zufälliges in | |
diesem Film ist. Vorhin sagte eine Dame, die den Film gesehen hat: „Ich | |
habe über Ihren Film nicht gelacht, aber ich fand ihn wahnsinnig komisch.“ | |
Das war das größte Lob, das ich seit langem bekommen habe. | |
Auch weil es mit einer Pastewka-Erwartungshaltung bricht? | |
Nee, weil die Pastewka-Erwartungshaltung bedient wird, aber trotzdem | |
irgendwas zurückbleibt, was einen den Film – nicht meine Person – anders | |
rezipieren lässt. Da ist noch so ein kleiner Haken dran. | |
Ein Subtext? | |
Ja, ein Subtext, genau. Das könnte es sein. | |
Ist doch super. | |
Ich glaube auch. Schreiben Sie das ruhig: Der Film „Mutter muss weg“ ist | |
super. | |
Selbst wenn der Film schlecht wäre – man könnte Ihnen dazu gratulieren, | |
dass Sie sich auf dieses für Sie recht dünne Eis gewagt haben. | |
Dafür brauchte es aber keinen besonderen Mut. Ich habe mich in die Hände | |
von Marc Terjung und Edward Berger begeben, die genau wussten, was sie | |
wollten. Ich habe keine Sekunde gedacht: Oh mein Gott, hoffentlich spiele | |
ich mit „Mutter muss weg“ nicht mein Image kaputt. Ich weiß ohnehin nicht, | |
was das Publikum von mir erwartet. Dafür sind die Reaktionen auf meine | |
Arbeit zu vielfältig und widersprüchlich. Bei Wolfgang & Anneliese … | |
… dem Volksmusikalbtraumpaar, das Sie 2007 gemeinsam mit Anke Engelke für | |
Sat.1 kreiert haben … | |
… hielten Anke und ich es durchaus für möglich, dass wir uns später mal | |
dafür schämen würden. Ich kann sowieso nie alle zufriedenstellen und hüte | |
mich davor, die tatsächlichen oder unterstellten Erwartungen der Zuschauer | |
zu meiner Richtschnur zu machen. | |
Was ist dann Ihre Richtschnur? | |
Die Begeisterung. Ich kann meinen komischen Pastewka-Körper nur einer Figur | |
zur Verfügung stellen, wenn ich Lust darauf habe. Und diese Lust auch von | |
den Machern der jeweiligen Show oder Sendung ehrlich gefördert wird und | |
keine Bedenkenträger Angst vor dem bösen Wort „Komödie“ haben. Denn wenn | |
der Spirit von meiner Seite stimmt, überträgt sich das auch auf den | |
Zuschauer. | |
Ist es nicht fürchterlich anstrengend, ständig so viel Begeisterung | |
aufzubringen? | |
Ja. Daher nehme ich mir immer wieder mal Auszeiten. Dann gucke ich | |
Fernsehen, gehe mit Leuten ins Restaurant, danach gucke ich wieder | |
Fernsehen. Diese Pausen sind die Voraussetzung dafür, dass meine Arbeit | |
nicht maschinell wird. Dass Begeisterung wieder wachsen kann. | |
Keine Angst, dass man Sie vergisst? | |
Keine Ahnung. Hape Kerkeling macht es doch fantastisch vor, wie alles | |
übrigens. Er ist immer sensationell. Und dann macht er wieder zwei Jahre | |
Pause, um sich den nächsten Horst Schlämmer auszudenken. Und „Wetten, | |
dass..?“ übernimmt er bewusst nicht, weil er weiß, dass er dann Teil einer | |
Mühle wäre und keine Pausen mehr machen könnte. So. Und hat das Publikum | |
Hape Kerkeling jemals vergessen? Nein. Weil er ein Knaller ist! Scheiße. | |
Ich habe immer versucht zu verbergen, dass ich neidisch bin auf Hape | |
Kerkeling. Und heute ist es mir rausgerutscht. Hape Kerkeling ist der beste | |
Komiker Deutschlands. Ich konnte ihn noch nie leiden. | |
„Mutter muss weg“, 18.10., ZDF, 20.15 Uhr | |
18 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
David Denk | |
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