# taz.de -- EU-Gerichtsurteil zur Werbung: „Sie haben gewonnen“? Verboten! | |
> Köderangebote mit vermeintlichen Gratis-Kreuzfahrten sind illegal, | |
> urteilt der EuGH. Das gilt auch, wenn der Gewinner nur geringe Summen | |
> zuzahlen muss. | |
Bild: Aus der Traum von der schönen Gratis-Kreuzfahrt ... | |
BRÜSSEL taz | Für Unternehmen, die Kunden mit vermeintlichen Preisgewinnen | |
ködern wollen, wird es künftig schwierig in der Europäischen Union. Der | |
Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat am Donnerstag ein Urteil gefällt, | |
das solch aggressive Werbung praktisch verbietet. | |
Geklagt hatte die britische Wettbewerbsbehörde OFT gegen fünf auf den | |
Versand von Werbung spezialisierte Unternehmen in Großbritannien. Die | |
betroffenen Firmen hatten Briefe, Rubbelkarten und Werbebeilagen verteilt, | |
in denen sie als Gewinn Mittelmeerkreuzfahrten anpriesen. Der Haken: Die | |
Kunden mussten sich dann doch am Reisepreis beteiligen, zum Beispiel den | |
Zuschlag für Einzelkabinen und Verpflegungskosten übernehmen. | |
Letztlich waren also die „Preise“ für die Verbraucher mit Kosten verbunden, | |
zum Beispiel 399 britische Pfund (umgerechnet etwa 490 Euro) für eine | |
Kreuzfahrt. Mit ihren Lockangeboten wollten die Firmen an die Adressdaten | |
der Menschen kommen. Diese Art Lockwerbung ist nach Ansicht der Richter | |
nicht mit EU-Recht vereinbar – auch dann, wenn eine der angebotenen | |
Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme für den Verbraucher kostenlos ist. | |
„Es ist ein sehr positives Urteil für die Verbraucher. Oft werden solche | |
Fahrten dann gar nicht durchgeführt oder stellen sich als absolute | |
Werbeveranstaltungen heraus, sogenannte Kaffeefahrten“, sagte Bianca | |
Skutnik vom Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin. | |
## Auch Kleinbeträge unzulässig | |
Das Urteil hat zwar kein automatisches Verbot von solchen Werbeaktionen in | |
der gesamten Europäischen Union zur Folge. Aber sollte es eine ähnliche | |
Klage in Deutschland geben, müssen sich die Gerichte an die | |
EU-Rechtssprechung halten. Besonders begrüßten die Verbraucherschützer, | |
dass die Richter auch geringe Beiträge der Kunden für unzulässig halten, | |
zum Beispiel Gebühren für einen Anruf bei der Gewinnhotline oder | |
Briefmarken für eine Rückantwort. | |
Auch der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft begrüßt das Urteil: | |
„Es kann in Einzelfällen dem Verbraucher helfen. Denn in solcher Werbung | |
liegt ganz klar eine Gefahr von Verbrauchertäuschung. Die Richter haben das | |
EU-Recht nun noch einmal klarer gemacht“, sagte Verbandssprecher Volker | |
Nickel. | |
18 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
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