# taz.de -- Ursachen der Charité-Infektionen: „Die fliegen nicht durch die L… | |
> Die Charité hätte die Infektion leicht in den Griff bekommen müssen, | |
> meint der Arzt für Hygiene, Klaus-Dieter Zastrow. | |
Bild: Sind nicht so leicht übertragbar: Kolonien von Serratia Marcescens Darm-… | |
taz: Herr Zastrow, Serratia-Bakterien bringen Frühchen in der Charité in | |
Lebensgefahr. Dabei galten die Keime bisher eher als harmlos. Haben sich | |
die Experten verschätzt? | |
Klaus-Dieter Zastrow: Nein, die Keime sind tatsächlich nicht besonders | |
exotisch. Sie machen auch nicht sonderlich krank. Sie kommen im Boden, auf | |
Pflanzen, bei Tieren vor. Der Mensch kann sie in seinem Darm haben. Erst | |
wenn sie in die Blutbahn, die Lunge, die Blase oder in eine Wunde kommen, | |
machen sie Infektionen. | |
Was ist dann in der Charité passiert? | |
Auf jeden Fall muss jemand die Hygieneregeln, die in Deutschland seit | |
Jahren Standard sind, nicht beachtet haben. Da werden Ringe getragen, Hände | |
nicht ordentlich desinfiziert. Sonst kommt so ein Keim nicht an ein | |
Frühchen heran. Die fliegen nicht einfach durch die Luft. | |
Haben Ärzte und Pfleger geschlampt? | |
Frühchen werden ausschließlich von medizinischem Personal behandelt, nicht | |
von einem Besucher oder einem Putzmann. Also kommt nur das medizinische | |
Personal als Überträger infrage. | |
Oder war es eine Frage der Diagnose, und die Ärzte haben das Problem nicht | |
schnell genug erkannt? | |
Die Klinik hat den Ausbruch am 8. Oktober dem Gesundheitsamt gemeldet, das | |
Problem also schon da erkannt. Dann kamen aber noch 17 Fälle hinzu. Die | |
Charité hat die Infektionswelle nicht in den Griff bekommen. | |
Lassen sich Frühchen mit Antibiotika versorgen – hätte das geholfen? | |
Im Voraus macht man das gar nicht. Der Arzt muss erst mal wissen, mit | |
welchem Erreger er es zu tun hat. Die Analyse dauert 48 Stunden, wenn es | |
gutgeht; im schlimmsten Fall 72. Nach zwei, drei Tagen weiß man, mit | |
welchem Antibiotikum behandelt werden muss. Aber selbst wenn ein Kind so | |
behandelt und gerettet wird, schützt das nicht vor der Weiterverbreitung | |
des Keims. | |
Haben die Mediziner aus dem Bremer Fall nichts gelernt, als 2011 drei | |
Frühchen wegen Hygienemängeln starben? | |
Zwar handelte es sich in Bremen, anders als in Berlin, um multiresistente | |
Keime, im Prinzip ist dort aber ganz genau dasselbe passiert. Bekannte | |
Regeln, die bestimmt auch im Hygieneplan der Charité drinstehen, werden | |
regelmäßig unterlaufen. Das ist genau das Gleiche, wie wenn Sie Leute | |
erwischen, die mit 80 durch die Tempo-30-Zone brettern. Da ist die | |
Straßenverkehrsordnung nicht falsch, aber die Leute machen Fehler. Und | |
möglicherweise reichen die Strafen nicht. | |
Empfehlen Sie Schwangeren noch, in die Charité zu gehen? | |
Nach solchen Ereignissen werden die Hygienemaßnahmen immer besonders | |
beachtet. | |
Wie stark ist der Ruf der Charité beschädigt? | |
Auf jeden Fall hat die Charité einen Makel, nicht weil dort der Keim | |
aufgetreten ist, sondern weil sie die Infektionswelle nicht in den Griff | |
bekommen hat. | |
23 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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