# taz.de -- Partei ohne Freunde: CDU Bremen zunehmend kopflos | |
> Die Mehrheit des Bremer CDU-Landesvorstandes probt den Aufstand gegen | |
> seine Vorsitzende Rita Mohr-Lüllmann: Ihr wird fehlende Integrationskraft | |
> vorgeworfen - und eine faustdicke, öffentliche Lüge | |
Bild: 2009 lachten die Parteifreunde noch gemeinsam in die Kamera: Thomas Röwe… | |
Hat sie gelogen oder hat sie nicht gelogen? Das ist die Frage, um die es in | |
der Bremer CDU nur noch geht: Eine Mehrheit im Landesvorstand ist der | |
Ansicht, dass die Landesvorsitzende Rita Mohr-Lüllmann öffentlich gelogen | |
hat. Und dass sie überfordert ist mit der Führungsaufgabe, sei „ein Teil | |
des Problems“. Dass die Partei bei den nächsten Wahlen weit mehr als 20 | |
Prozent bekommt, das glaubt derweil eigentlich niemand mehr – das | |
Führungspersonal ist so zerstritten, dass nur noch zu hören ist, wer für | |
wen nicht Wahlkampf machen würde. | |
Kronzeugin für die „Lüge“, die das Fass zum Überlaufen gebracht hat, ist | |
ausgerechnet eine SPD-Abgeordnete, Manuela Mahnke, der niemand komplizierte | |
taktische Überlegungen unterstellen würde. Zu Mahnke soll Mohr-Lüllmann auf | |
der Treppe der Bürgerschaft das böse Wort von den „kriminellen | |
Machenschaften“ der Bremerhavener Parteifreunde (CDU) gesagt haben. | |
Der Hintergrund ist schlicht: Michael Teiser, der Bremer CDU-Vorsitzende, | |
will in den Bundestag, wenn Bernd Neumann den Bremer CDU-Platz im kommenden | |
Jahr frei macht. Mohr-Lüllmann würde auch gern aus der Bremer | |
CDU-Schlangengrube ins ferne Berlin flüchten. Da sie im Landesvorstand aber | |
keine sichere Mehrheit hat, hat sie dieses Interesse über ein | |
Zeitungsinterview ihren Vorstands-Kollegen mitgeteilt und gleich dazu | |
gesagt, wie sie den Landesvorstand aushebeln will: Per Mitgliederbefragung | |
sollte der Kandidat ermittelt werden. Auf einer CDU-Grillparty sammelte sie | |
die dafür erforderlichen Unterschriften. Per Mitgliederbefragung hatte sich | |
sich schon einmal durchgesetzt – als Vorsitzende, gegen die Mehrheit der | |
Parteifunktionäre und ihren langjährigen Polit-Partner Thomas Röwekamp. | |
Mahnke, die SPD-Abgeordnete, hatte die Äußerung ihrem Bremerhavener | |
Vertrauten Bernd Ravens (CDU) erzählt. Und Ravens formulierte tags darauf | |
einen Brief, in dem er die bis dahin nicht öffentlich gewordene Äußerung | |
zitierte und „im Hinblick auf die zu erwartende Außenwirkung“ die | |
Vorsitzende um Stellungnahme bittet. Ravens wählte einen ganz großen | |
Verteiler für den Brief – es dauerte einen Tag, da war der bis dahin | |
interne Vorgang in den Medien. | |
Mohr-Lüllmann erklärte schriftlich, sie habe das böse Wort von den | |
„kriminellen Machenschaften“ nicht gesagt, das habe ihr auch SPD-Frau | |
Mahnke in einem Telefongespräch bestätigt. Dies wiederum konnte Mahnke | |
nicht auf sich sitzen lassen – Telefongespräch ja, sagte sie, aber | |
zurückgenommen habe sie nichts – das Wort sei gefallen. Ravens hat sich | |
inzwischen bei Mahnke dafür entschuldigt, dass er – ohne sie zu fragen – | |
das informell geführte Gespräch öffentlich gemacht hatte. | |
Bremerhavens CDU-Vorsitzender Michael Teiser hatte keinen Zweifel daran, | |
dass die SPD-Abgeordnete hier die Wahrheit sagt: „Es ist völlig | |
inakzeptabel, dass eine Landesvorsitzende die Öffentlichkeit belügt“, ließ | |
er sich postwendend zitieren, Mohr-Lüllmann müsse zurücktreten. Und um zu | |
belegen, dass es ihm nicht wie unterstellt nur um den Posten gehe, erklärte | |
er seinen Verzicht auf die Bundestagskandidatur. | |
Mohr-Lüllmann war angetreten, um zerstrittene Partei-Klüngel zu | |
integrieren. Das ist ihr offenbar nicht gelungen. In der Bremer CDU rechnet | |
man damit, dass sie in den nächsten Tagen das Handtuch wirft. Nicht einmal | |
nach Berlin wegloben würde sie die Mehrheit des Landesvorstandes. Und so | |
braucht die Partei zwei neue Köpfe: einen für den Landesvorstand und einen | |
für den Bundestags-Sitz. | |
26 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
Klaus Wolschner | |
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CDU Bremen | |
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