# taz.de -- Teddies wie Waffen: Hafen unter Beschuss | |
> Wie viele Bomben und Pistolen Bremen verschifft, will der Senat nicht | |
> wissen. Der Umschlag von Kernbrennstoffen ist untersagt - Atom-Spediteure | |
> gehen dagegen an. | |
Bild: Made in Bremen? Auch für Rüstungsgüter ist die Hansestadt ein "Tor zur… | |
Kampfpanzer oder elektronische Raketenleitsysteme, die über bremische Häfen | |
verschifft werden? Davon weiß der Senat nichts. Das zumindest antwortet er | |
auf eine Anfrage der Linkspartei. Rüstungsgüter, wie Munition, Bomben oder | |
Torpedos, werden zwar als Gefahrgüter kurzfristig erfasst, nicht aber für | |
eine Statistik festgehalten. Und das soll auch so bleiben. Die Daten | |
weitergehend zu erfassen, dafür sieht der Senator für Wirtschaft und Häfen | |
keinen Bedarf. | |
Ob überhaupt Rüstungsgüter über die Bremer Häfen laufen, kann Jens Schmidt, | |
Sprecher der Hafenressorts, weder ausschließen noch bestätigen. Nichts ist | |
im Grunde bekannt über den nach Hamburg zweitgrößten Containerhafen | |
Deutschlands. Dabei ist Deutschland weltweit der Waffenexporteur Nummer 3. | |
Wie schafft man es, nichts über die Rüstungsgüter im Hafen zu wissen? Das | |
geht so: Um Kriegswaffen zu exportieren, muss ein Unternehmen einen Antrag | |
stellen – in Berlin beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle oder | |
beim Bundeswirtschaftsministerium. Das Bundesland Bremen weiß von nichts | |
und die Bundesregierung ihrerseits kann nicht sagen, wie viele der | |
beantragten Rüstungsexporte über Bremen laufen – danach wird schlicht nicht | |
gefragt. Das gilt auch für die fünf großen Bremer Rüstungsschmieden | |
Rheinmetall Defence, Atlas Elektronik, Lürssen, OHB und EADS Airbus. | |
Zudem gilt ein Panzer ohne Munition im Hafen ganz logistisch als „Rollgut“ | |
so wie ein gewöhnlicher LKW. Nur wenn Munition und Sprengstoffe im Spiel | |
sind, will Bremen es wissen: Das sind „gefährliche Güter“, und wenn ein | |
Unfall passiert, muss die Feuerwehr Bescheid wissen. „Wir wissen schon, | |
wann welche Art bestimmter gefährlicher Güter im Hafen sind“, sagt Jens | |
Schmidt. Nur fallen darunter auch Feuerwerkskörper oder | |
Bergbau-Sprengstoffe. Und ohnehin: Nach drei Monaten werden die Daten | |
gelöscht. | |
Und die BLG, das halbstaatliche Bremer Logistikunternehmen, das die Häfen | |
für das Bundesland Bremen betreibt? „Die BLG ist als | |
Hafenumschlagsunternehmen weder Verbringer, noch Hersteller oder Einführer | |
explosiver Stoffe“, erklärt der Senat. Die BLG muss also auch keine | |
Rüstungsexporte beantragen und wie viel die Waffen am Umsatz ausmachen, das | |
kann wiederum keiner sagen. Denn: „Die Vergütung bemisst sich | |
ausschließlich am Container, nicht an dessen Inhalt“, so die Senatsantwort. | |
Soll heißen: Die BLG schaut nicht nach, ob da nun Raketen oder Teddys in | |
den Containern sind, sie bewegt beides gleich gern. Und davon profitiert | |
auch das Land Bremen, das 50,4 Prozent der Anteile besitzt, neben der | |
Bremer Landesbank (12,6 Prozent) und der Sparkasse Bremen (12,6 Prozent). | |
Bestimmte Güter wie Waffen und Munition registrieren zu wollen, die Bremen | |
in die Welt bringt, das wäre eben „eine politische Frage“, sagt | |
Ressortsprecher Schmidt und verweist darauf, dass die Häfen in Bremen | |
„Universalhäfen“ sind. | |
Dass grundsätzlich alle Waren über die Kajen gehoben werden, wurde zuletzt | |
betont, als es darum ging, eine bestimmte Ware eben nicht mehr bewegen zu | |
wollen: die „Kernbrennstoffe“. Gegen deren Umschlagsverbot klagt die CDU | |
vor dem Staatsgerichtshof und die EU hat ein Pilotverfahren wegen der | |
Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit eingeleitet. Der Senat hat | |
versichert, dass nicht weitere Güter auf die Verbotsliste kommen sollen, da | |
das Umschlagsverbot für Kernbrennstoffe aktuell von den AKW-Zulieferern | |
torpediert wird: Zeitgleich haben der Atom-Spediteur „Nuclear Cargo and | |
Service“ aus Hanau und die „Advanced Nuclear Fuels“ (ANF) eine Ausnahme | |
beantragt. ANF ist eine Tochter der „Areva Nuclear Power“, die in Lingen | |
Brennelemente für Atomkraftwerke fertigt. Die beiden Unternehmen wollen | |
erwirken, dass jeweils ihr Unternehmen Kernbrennstoffe verschiffen darf, | |
ganz allgemein oder zumindest in zehn Einzelfällen: Jeweils 25 unbestrahlte | |
Brennelemente mit angereichertem Uran sollen bis 2015 über Bremerhaven nach | |
Spanien geschippert werden. Das rot-grüne Gesetz lässt Ausnahmen | |
grundsätzlich zu. Der Senat muss nun entscheiden, ob er auch | |
Kernbrennstoffe als „Ausnahme“ vom Verbot für Kernbrennstoffe betrachtet. | |
1 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
## TAGS | |
Rüstungsexporte | |
Hafen | |
Rüstung | |
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