| # taz.de -- Kurden in Syrien: Pläne für den nächsten Kampf | |
| > Syrische Kurden sind bereit, nach dem Sturz von Assad ihre Gebiete zu | |
| > verteidigen. Doch in ihrer Haltung zur türkischen Regierung sind sie sich | |
| > uneins. | |
| Bild: Ein kurdischer Sicherheitspolizist an einem Kontrollpunkt in der syrische… | |
| ERBIL taz | Angesichts des Bürgerkriegs in Syrien bemühen sich die | |
| wichtigsten kurdischen Fraktionen um eine engere Koordination im Falle von | |
| Auseinandersetzungen mit der Freien Syrischen Armee (FSA) nach dem Sturz | |
| von Präsident Baschar al-Assad. Bereits im Juli schlossen sie das Abkommen | |
| von Erbil, benannt nach der Hauptstadt von Irakisch-Kurdistan. Absicht war | |
| auch, die türkische Regierung von ihren friedlichen Absichten zu überzeugen | |
| und zu beruhigen. Diese beiden Ziele passen jedoch schlecht unter einen | |
| Hut, da die Türkei die FSA unterstützt. | |
| Die kurdischen Gebiete im Nordosten Syriens stehen heute nicht mehr unter | |
| der Kontrolle der Regierung in Damaskus, obwohl noch Sicherheitsbeamte vor | |
| Ort sind. Priorität des Regimes ist der Kampf gegen die arabische | |
| Opposition in Aleppo und Damaskus. Daher haben die kurdischen Parteien die | |
| Verwaltung ihrer Gebiete in die eigene Hand genommen. | |
| Hinter dem Abkommen steht der Präsident von Irakisch-Kurdistan, Massud | |
| Barsani. Eine Folge war die Gründung des Obersten Kurdischen Komitees in | |
| Syrien. In dem Gremium vertreten ist der Kurdische Nationalrat (KNC), der | |
| Barsani nahesteht und gute Beziehungen zur Türkei unterhält, sowie der | |
| Volksrat von Westkurdistan (PCWK), eine Dachorganisation, zu der auch die | |
| Demokratische Partei der Einheit (PYD) gehört. Sie ist der syrische Ableger | |
| der türkisch-kurdischen PKK. | |
| Selbst die gemäßigtere KNC hat keinerlei Sympathien für die Freie Syrische | |
| Armee. Für Nuri Brimo, Chef ihrer Medienabteilung und einer der | |
| Unterzeichner des Abkommens, ist die Annäherung an die PYD ungeachtet von | |
| Auseinandersetzungen und unterschiedlichen regionalen Allianzen eine | |
| Konsequenz aus der „chauvinistischen Haltung“ der arabischen Opposition | |
| gegenüber den Kurden. | |
| „Wir haben keine Angst vor der Stärke der (arabischen) Opposition, aber vor | |
| ihren Vorstellungen, ihrem diktatorischen Auftreten“, fügt Mohammad Rascho, | |
| der Vertreter der PCWK in Irakisch-Kurdistan, hinzu und deutet damit die | |
| Bereitschaft der PYD zu Auseinandersetzungen mit den Rebellen an. Nuri | |
| Brimo wird noch deutlicher: „24 Stunden nach dem Sturz des Regimes wird | |
| sich der Ton (der Kurden), der bisher friedlich war, ändern. Wenn es nötig | |
| ist, werden wir uns auf den Kampf vorbereiten und unsere Gebiete | |
| verteidigen.“ | |
| ## PKK lehrt Guerillakampf | |
| Die syrischen Kurden haben mit ihren Vorbereitungen schon begonnen. Die | |
| Zahl ihrer Kämpfer, die in zwei Lagern ausgebildet werden, die im Januar | |
| von Barsanis Demokratischer Partei Kurdistans in der irakischen Provinz | |
| Dohuk eingerichtet wurden, wird bald 3.700 Mann erreichen. Dilschad*, ein | |
| 38-jähriger syrischer Kurde aus Qamischli, hatte sich zunächst der FSA | |
| angeschlossen, diese aber wegen ihres „islamistischen, rassistischen | |
| Verhaltens“ gegenüber Minderheiten verlassen und ging im Februar in eins | |
| der Ausbildungslager. „Wir werden von der PKK im Guerillastraßenkampf | |
| trainiert, damit wir in Zukunft gegen die FSA kämpfen können“, flüstert er | |
| in sein Handy. | |
| Die PKK war ursprünglich angeheuert worden, um unter der Aufsicht von | |
| Barsanis Kämpfern, den Peschmerga, dort tätig zu sein. Doch als Mitte | |
| Oktober innerkurdische Spannungen auftraten, wurden alle Bewaffneten, die | |
| nicht der Kontrolle des Präsidenten unterstehen, aus den Lagern gewiesen, | |
| darunter auch Dilschad. „Die Situation ändert sich und in Qamischli könnte | |
| Streit ausbrechen“, sagte er danach am Telefon. Qamischli ist die größte | |
| Stadt in den syrischen Kurdengebieten. | |
| Die irakischen und syrischen kurdischen Parteien sind sich dessen bewusst, | |
| dass Ankara ihr Vorgehen genau beobachtet. Das Abkommen von Erbil soll auch | |
| Gruppen wie die PYD, die der Türkei gegenüber feindselig eingestellt sind, | |
| zu einem gemäßigteren Kurs bewegen. „Wir bringen die PYD dazu, wie wir zu | |
| denken. Wir wollen die Anerkennung Europas dafür, dass wir versucht haben, | |
| die PKK von Syrien und dem Iran loszueisen“, sagt Nuri Brimo stolz. | |
| Ein solcher Plan ist wohl kaum ohne türkischen Druck zustande gekommen. Um | |
| Ankara zu beruhigen, enthält das Abkommen keinen Bezug auf Unabhängigkeit. | |
| Natürlich streitet die PKK ab, dass sie einen Vertrag unterzeichnet hat, | |
| der türkischen Interessen entgegenkommt. „Die Türkei ist dagegen, dass die | |
| kurdischen Parteien sich vereinigen“, sagt Mohammad Rascho. Die Regierung | |
| in Ankara ist nicht angetan von einem Abkommen, das die PYD einschließt, | |
| und hätte laut Rascho eine Sicherheitszone mit Militärintervention in | |
| Syrien vorgezogen, falls es dafür genug internationale Unterstützung | |
| gegeben hätte. „Die Sicherheitszone zielt darauf ab, die errungenen | |
| kurdischen Rechte einzuschränken, und nicht darauf, die syrische Revolution | |
| zu unterstützen“, fügt Rascho hinzu. | |
| * Namen geändert | |
| 5 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Andrea Glioti | |
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