# taz.de -- Kommentar EUGH gegen Ungarn: Politisch schwache Wirkung | |
> Die Unabhängigkeit der ungarischen Justiz ist nur vorläufig gewahrt. Die | |
> Demokratie in der EU muss mit stärkeren Gesetzen geschützt werden. | |
Endlich. Endlich wird der schleichenden Abschaffung des Rechtsstaats durch | |
die ungarische Regierung Einhalt geboten. Der Europäische Gerichtshof in | |
Luxemburg hat mit seinem Urteil gegen die Zwangspensionierung von Richtern | |
und Staatsanwälten zumindest vorläufig die Unabhängigkeit der ungarischen | |
Justiz gewahrt. Der ungarische Premier Viktor Orbán wurde in seine | |
Schranken gewiesen. | |
Allerdings sind die Worte aus Luxemburg längst nicht so klar ausgefallen, | |
wie sie sein sollten. Das ist nicht die Schuld der Richter. Die | |
EU-Kommission hat Ungarn wegen Altersdiskriminierung verklagt und nicht | |
etwa wegen Eingriffen in das demokratische System. Die Richter konnten | |
daher auch nur diese Argumente in ihrem Urteil anführen. Mit keinem Wort | |
erwähnen sie die nationalistische und demokratisch bedenkliche Politik des | |
ungarischen Regierungschefs, die auch dazu führt, dass alle wichtigen | |
Posten mit Orbáns Unterstützern besetzt werden. | |
Die praktische Konsequenz des Urteils ist die gleiche: Orbán muss das | |
Gesetz ändern. Aber die politische Wirkung des Richterspruchs ist | |
dementsprechend schwächer. Das zeigt die großen Schwächen des | |
EU-Rechtssystems. Die Kommission ging davon aus, dass eine Klage gegen | |
Ungarn wegen Verletzung der demokratischen Prinzipien keinen Erfolg haben | |
würde. Die entsprechenden Artikel in den EU-Verträgen seien zu schwammig. | |
Deshalb hat sich die Behörde auf den Vorwand der Altersdiskriminierung | |
zurückgezogen. Die Demokratie in der Europäischen Union muss aber mit | |
Gesetzen geschützt werden, die eine schleichende Entdemokratisierung wie in | |
Ungarn aufhalten können. Damit sich die EU-Mitgliedstaaten nicht mehr auf | |
Urteile wie das jetzige verlassen müssen, sollten sie schleunigst daran | |
arbeiten. | |
6 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
## TAGS | |
Ungarn | |
EU | |
Demokratie | |
Justiz | |
Ungarn | |
Ungarn | |
Ungarn | |
Untreue | |
Ungarn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wahlrecht in Ungarn: Klatsche für Premier Viktor Orbán | |
Das Verfassungsgericht hebt die von der Regierung geplante Registrierung | |
von Wählern auf. Ohnehin sind 80 Prozent der Ungarn gegen die Reform. | |
Straffreiheit für Obdachlose in Ungarn: Ein wenig Menschlichkeit | |
Obdachlosigkeit ist nicht strafbar. Das ungarische Verfassungsgericht hebt | |
ein Gesetz der rechtsnationalistischen Regierungspartei auf. | |
Orbán unterliegt vor dem EU-Gerichtshof: Illegale Säuberungsaktionen | |
Ungarns Regierung darf Richter und Staatsanwälte nicht vorzeitig in den | |
Ruhestand schicken. Das sei eine ungerechtfertigte Altersdiskriminierung. | |
Ex-Versicherungsvertreter angeklagt: Komm, wir fahr'n nach Budapest | |
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat zwei Ex-Vertreter der Hamburg-Mannheimer | |
angeklagt. Sie sollen Geld für eine Sex-Reise nach Ungarn veruntreut haben. | |
Oppositionsbündnis gegen Orban: Ungarn gründen „Bewegung 2014“ | |
Zehntausende Ungarn demonstrieren am Nationalfeiertag. Die Opposition | |
verkündet ein Wahlbündnis gegen die rechtsgerichtete Regierung Viktor | |
Orbans. |