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# taz.de -- Ben Afflecks Film „Argo“: Das kuriose Ende der Traumfabrik
> In Ben Afflecks „Argo“ geht es um die Verquickung von Hollywood und
> Geheimdienst. Das Geiseldrama von Teheran 1979 dient dabei als Kulisse.
Bild: Ben Affleck spiel die Hauptrolle des CIA-Befreiungsspezialisten Tony Mend…
Das Leben schreibt die besten Geschichten, hieß es früher, wenn eine
Schicksalsfügung jede noch so überzogene Kinodramaturgie übertraf.
Überspannt heute ein amerikanischer Kinofilm mal wieder den Bogen der
Plausibilität, basiert das Drehbuch mit großer Wahrscheinlichkeit „auf
wahren Begebenheiten“.
Die Zahl dieser Filme hat in den vergangenen Jahren zugenommen; dass
Hollywood sich in einer erzählerischen Krise befindet, ist kein Geheimnis.
Dahingehend überrascht Ben Afflecks dritte Regiearbeit „Argo“ mit
unterschwelliger Selbstironie, obwohl die Krise der amerikanischen
Filmindustrie nur am Rande eine Rolle spielt.
Zunächst geht es um eine handfeste politische Krise in den ausklingenden
70er Jahren, als die Weltordnung des Kalten Krieges langsam
auseinanderzubrechen drohte. Im November 1979 stürmte eine aufgebrachte
Menschenmenge die amerikanische Botschaft in Teheran und hielt die knapp 50
Anwesenden 444 Tage lang als Geiseln.
Sechs Botschaftsangestellte konnten damals in letzter Sekunde entkommen,
sie fanden Zuflucht in der Privatresidenz des kanadischen Konsuls. Die
Rettungsmission ging wegen ihres Irrwitzes in die Annalen der CIA ein:
Getarnt als Crew für den Science-Fiction-Film „Argo“ wurden die sechs
Diplomaten heimlich außer Landes gebracht.
## Affleck in der Hauptrolle
Mit „Operation Argo“ mischte Washington erstmals im größeren Stile im
Filmgeschäft mit – wenig später drehte Coppola mit freundlicher
Unterstützung des US-Militärs „Apocalypse Now!“. „Argo“ handelt also …
wie der US-Geheimdienst Hollywood unterwanderte.
Affleck, der auch die Hauptrolle spielt, muss als Tony Mendez,
CIA-Operateur für besondere Aufgaben, innerhalb weniger Wochen die
Produktion eines fiktiven Hollywood-Films inszenieren – inklusive des
namhaften, aber abgehalfterten Produzenten (Alan Arkin), des
Oscar-prämierten Maskenbildners (John Goodman) und vom Steuerzahler
finanzierter Anzeigen in Variety. Genug Indizien, um den iranischen
Behörden die Täuschung glaubhaft verkaufen zu können. Die amerikanische
Politik hat sich schon immer als wirkungsvolle Erzählmaschine betätigt.
Eine dieser Erzählungen greift Affleck dann auch in einem griffigen Prolog
mithilfe von Archivmaterial und Animationen auf: die Einflussnahme der
US-Regierung auf die iranische Politik, die mit der islamischen Revolution
Ajatollah Khomeinis endete. Damit stellt Affleck einen spannungsreichen
Kontext für eine kuriose amerikanische Heldengeschichte her, die bei allem
patriotischen Pathos immer schon gebrochen ist. In „Argo“ spiegelt sich die
Krise der amerikanischen Außenpolitik in der Krise des amerikanischen Kinos
wider.
Seine Liebe zum New Hollywood-Kino ist Afflecks Film anzusehen. Die
gedeckten Farben, der leise prozeduale Erzählrhythmus, sein schon damals
unzeitgemäßer Vollbart – das kleinste Detail beschwört wehmütige
Erinnerungen an die letzte große Ära des amerikanischen Kinos herauf, deren
Fanal das Projekt „Argo“ gewissermaßen selbst darstellt.
## Hollywood im bemitleidenswerten Zustand
Ein Science-Fiction-Schnellschuss, wie er im Fahrwasser des „Star
Wars“-Erfolgs damals wohl hundertfach auf den Schreibtischen von
Produzenten landete. Das fiktive Rip-off markiert den Übergang des
amerikanischen Autorenkinos, an dem Affleck sich mit seinen bislang drei
Filmen orientiert, zum Blockbusterkino der Neuzeit. Selbst das
Hollywood-Zeichen ist in „Argo“ in einem bemitleidenswerten Zustand.
Der Running Gag des Films läuft natürlich darauf hinaus, dass sich
Geheimdienstarbeit und Filmgeschäft letztlich nicht groß unterscheiden: Man
tut ahnungslos, lügt und legt die Hände in den Schoß. „Wenn du Applaus
erwartest“, erklärt der Vorgesetzte von Tony Mendez, „hättest du zum Zirk…
gehen sollen.“ – „Da bin ich doch längst“, entgegnet Mendez.
## Kinostart von „Argo“ Donnerstag, 8. November. USA 2012, 120 Min.
8 Nov 2012
## AUTOREN
Andreas Busche
## TAGS
Ben Affleck
Argo
Hollywood
Geheimdienst
Teheran
Wehrmacht
ZDF
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