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# taz.de -- Deutsch-russische Beziehungen: Gar nicht einer Meinung
> In einer Resolution hat sich der Bundestag kritisch zu Putins
> Autoritarismus positioniert. Doch das angespannte deutsch-russische
> Verhältnis hat viele Ursachen.
Bild: Die Beziehungen sind deutlich abgekühlt: Kanzlerin Merkel mit dem russis…
MOSKAU taz | Zwischen Berlin und Moskau läuft es nicht mehr so geschmiert
wie früher. Seit Wladimir Putin im Mai in den Kreml zurückkehrte, ist das
Verhältnis angespannt. Vor allem die neuen Gesetzesprojekte, mit denen die
russische Zivilgesellschaft erstickt werden sollen, haben zur Verstimmung
beigetragen.
Anlässlich der deutsch-russischen Regierungskonsultationen in Moskau und
des Petersburger Dialogs der Zivilgesellschaften hat der Bundestag vorab
einen Entschließungsantrag verabschiedet, in dem die demokratischen und
rechtsstaatlichen Defizite Moskaus Eingang fanden. Zwar griff das
Auswärtige Amt noch in den Text ein. Denn die Interessen der deutschen
Wirtschaft sollten gewahrt bleiben. Doch auch in der geschliffenen Form
sind der Resolution die Bedenken gegenüber einem Russland zu entnehmen, das
tiefer in den Autoritarismus abzudriften droht. Der Kreml wird gewarnt,
sich nicht auf einen „Konfrontationskurs“ zu versteifen.
Moskau hatte schon im Oktober Andreas Schockenhoff, „Koordinator für die
deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit“ und Koordinator
des Auswärtigen Amtes für deutsch-russische Zusammenarbeit, vorgehalten,
sich „verleumderisch“ über Russland zu äußern. In einer Stellungnahme des
russischen Außenministeriums hieß es: Schockenhoff sei „keine offizielle
Person, die den Auftrag hat, sich im Namen der Bundesregierung zu äußern“.
Das ging selbst der Kanzlerin zu weit. Über das Mandat werde noch in
Deutschland entschieden, ließ sie ausrichten. Zugleich bemühte sich die
Regierung am Donnerstag, die deutsch-russischen Beziehungen in ein
ruhigeres Fahrwasser zu leiten.
## Unentschlossene Haltung Deutschlands
Der Skandal ist aber nicht mehr zu vertuschen. Der Kommersant spricht von
einer „ernsten Krise“ in den bilateralen Beziehungen. Derweil droht der
Vizevorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Wjatscheslaw Nikonow,
Deutschland und der EU, „aufmerksam zu verfolgen, wie sie die
Menschenrechte einhalten“. Diese scharfe Reaktion sollte Berlin eine
Warnung sein.
Fakt ist, es gibt keine klare Linie und ausformulierte deutsche
Russlandpolitik. Das Wohlwollen gegenüber dem Nachbarn basierte bislang auf
dem Abspulen von Binsenweisheiten: Russland sei ein Teil Europas, das bei
der Lösung internationaler Konflikte unverzichtbar sei. Man solle dem Land
Zeit für Wandel lassen, beruhigten Russlandversteher. Auch die deutsche
Ostwirtschaft macht Stimmung, die die Bundesrepublik am Boden sieht, sollte
der östliche Nachbar mal nicht mehr so viel abnehmen.
Diese Annahmen entsprechen nicht der Realität. Russland geht immer weiter
auf Distanz zu Europa, bei Konflikten wie in Syrien ist es eher Teil des
Problems als Teil der Lösung. Im Außenhandel entfallen rund 3 Prozent auf
Moskau, das droht, sich von der EU im Energiegeschäft ab und China
zuzuwenden. Doch China will und kann nicht die EU ersetzen. Überdies muss
sich Deutschland fragen, wie es die Modernisierungspartnerschaft mit
Russland umsetzen will, das Modernisierung nur als Technologietransfer
nebst Auslandsinvestitionen begreift. Der Umbau von Gesellschaft und
sozialem Gefüge ist in Moskau nicht vorgesehen. Mittelfristig wird dies
Russlands internationale Rolle schwächen und es veranlassen, sich
langfristig wirtschaftlich abzukoppeln. Nach Kompensation wird der Kreml in
der Außenpolitik und im postsowjetischen Raum suchen.
15 Nov 2012
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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