# taz.de -- Rechte „Schwedendemokraten“: Rücktritte nach Randale | |
> Zwei Lokalpolitiker der rechten „Schwedendemokraten“, die randalierend | |
> durch Stockholm zogen, treten zurück. Dabei wollte sich die Partei ein | |
> neues Image geben. | |
Bild: Zurückgetreten: Kent Ekeroth von den Schwedendemokraten. | |
STOCKHOLM taz | Schwedens Rechtsaußenpartei „Schwedendemokraten“ geht das | |
Führungspersonal aus. Vergangene Woche verloren zwei bisherige Topleute, | |
der wirtschaftspolitische Sprecher Erik Almqvist und der rechtspolitische | |
Fraktionssprecher und antiislamistische Chefideologe der Partei, Kent | |
Ekeroth, ihre Posten. | |
Grund war ein Handyvideo, das seinen Weg zur Tageszeitung Expressen | |
gefunden hat. Darauf ist zu sehen, wie die beiden mit einem Stockholmer | |
Lokalpolitiker der Partei an einem frühen Sonntagmorgen im Juni mit | |
Eisenrohren durch die Hauptstadt ziehen und Ärger suchen. Da wird ein | |
offenbar Betrunkener drangsaliert, eine Frau, die sich dagegen wehrt, | |
gefilmt zu werden, gegen ein Auto geschubst, ein bekannter Komiker wegen | |
seiner ausländischen Herkunft als „Pavian“ tituliert und eine Passantin von | |
Almqvist als „kleine Hure“ beschimpft, wobei dann noch Ausdrücke wie | |
„Neger-Lover“ und „Fotze“ fallen. | |
Das tut man nicht, wie gerade Almqvist zuletzt Mitte Oktober betonte, als | |
der vermeintliche Saubermann in einer Interpellation von der Regierung in | |
Stockholm endlich ein schärferes Vorgehen gegen die unhaltbaren Zustände | |
auf Schwedens Schulhöfen forderte. Dort passiere es, dass Mädchen als | |
„Hure“ beschimpft würden und Schüler mit Migrantenhintergrund „Mangel an | |
Respekt vor schwedischen Mädchen“ zeigten. „Nicht akzeptabel“ sei so etw… | |
meinte der Abgeordnete. | |
Das sah der „Schwedendemokraten“-Chef Jimmie Åkesson genauso. Er forderte | |
Almqvist und Ekeroth auf, auf ihre Ämter zu verzichten, und legte ihnen | |
nahe, ihre Parlamentsmandate niederzulegen. | |
## Die Glaubwürdigkeit leidet | |
Er konnte nicht anders. Erst vor einem Monat hatte er sich weit aus dem | |
Fenster gelehnt. Die Partei, die mit ihrer ausländerfeindlichen Botschaft | |
2010 erstmals in den Reichstag in Stockholm eingezogen war, sollte nun ihr | |
Schmuddelimage überwinden. Künftig herrsche null Toleranz gegenüber | |
rassistischen und extremistischen Äußerungen, verkündete Åkesson. Mit | |
führenden Funktionären, die im Parlament die Zunahme von Gewalt und | |
Kriminalität beklagen und am Wochenende wie Hooligans durch die Straßen | |
ziehen, bekommt man ein handfestes Glaubwürdigkeitsproblem. | |
Der Versuch der Weißwäsche sei misslungen und die Partei in ihrer bisher | |
schwersten Krise, meint der Rechtsextremismusexperte Daniel Poohl. Deutlich | |
sei geworden, dass sich der rassistische Kern der Partei nicht verstecken | |
lasse. Dieser hat auch etwas dagegen, wenn man ihn verstecken will. Der | |
„Bunkerfraktion“, vor allem präsent in der Jugendorganisation der Partei, | |
passt die gemäßigte Linie von Åkesson & Co. schon lange nicht mehr. Jetzt | |
beklagt sie sich darüber, wie mit „verdienten Parteikameraden“ umgesprungen | |
werde, und fordert ein Ende des Schmusekurses. | |
Entweder drohe die Åkesson-Fraktion, die den „Schwedendemokraten“ ein | |
sozialkonservatives Image verpassen will, ganz die Macht zu verlieren, oder | |
die Partei werde sich spalten, meint die Soziologin Ann-Cathrine Jungar. | |
Während der „Videoskandal“ auf die KernwählerInnen kaum eine negative | |
Wirkung haben werde, sehe es bei den laut Umfragen in letzter Zeit | |
hinzugewonnenen SympathisantInnen anders aus, glaubt der Politologe Johan | |
Martinsson. Danach konnte die Partei ihre Basis gegenüber 2010 auf rund 10 | |
Prozent fast verdoppeln. | |
Das war bevor der Partei mal wieder „die Maske vom Gesicht gerissen“ | |
(Dagens Nyheter) wurde. Die Polizei hat jetzt gegen das Trio mit den | |
Eisenrohren Ermittlungen wegen Volksverhetzung und Körperverletzung | |
eingeleitet. | |
19 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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