# taz.de -- Arte-Doku über japanischen General: Von einem, der den Krieg nicht… | |
> Die Doku über den japanischen General Ishiwara Kanji ist sehenswert. Und | |
> das trotz falscher These zum Kriegseintritt der Japaner im Zweiten | |
> Weltkrieg. | |
Bild: General Ishiwara filmte und fotografierte seine Männer. (Aufnahme aus de… | |
Auf der deutschsprachigen Arte-Homepage heißt der Film über Ishiwara Kanji | |
im Zweittitel: „Der General, der Japan in den Zweiten Weltkrieg führte“. | |
Die von Arte zugeschickte DVD titelt noch – viel martialischer, viel | |
entschiedener, viel verblüffender: „Ishiwara Kanji: Ein Mann bricht den | |
Zweiten Weltkrieg vom Zaun“. Und ganz am Ende des Films tönt es explizit | |
aus dem Off: „Der Mann, der den Zweiten Weltkrieg ausgelöst hatte, wird | |
nicht einmal verurteilt.“ | |
Das ist natürlich eine steile These. Eine unhaltbar steile These. Nicht | |
nur, weil der deutsche Überfall auf Polen bereits mehr als zwei Jahre | |
zurücklag und das „Unternehmen Barbarossa“ schon ziemlich versackte, als in | |
den Morgenstunden des 7. Dezember 1941 die japanischen Bomben auf Pearl | |
Harbor fielen. | |
Aber an einer Revision der deutschen Kriegsschuld ist dem spitz | |
formulierenden Autor Paul Jenkins sichtlich nicht gelegen. Er will den | |
Fokus vielmehr auf den asiatischen Teil des Krieges legen. Nur: Auch unter | |
dieser Prämisse ist die aufgestellte These verfehlt. | |
Denn als in den Morgenstunden des 7. Dezember 1941 die japanischen Bomben | |
auf Pearl Harbor fielen, hieß der japanische Premierminister Tojo Hideki. | |
Dieser hatte sich in den Jahren zuvor im japanischen Militär zum | |
ideologischen Gegenspieler und Intimfeind von Ishiwara Kanji entwickelt und | |
diesen längst kaltgestellt. Den Zweiten Weltkrieg verfolgte Kanji daher als | |
Ruheständler. | |
So befasst sich Jenkins auch nicht weiter mit dem Weltkrieg, er geht weit | |
zurück in die Vorgeschichte und begründet seine These wie folgt: | |
Ursächlich, weil den späteren bewaffneten Konflikt mit der Weltmacht USA | |
praktisch unausweichlich machend, war der sogenannte Mukden-Zwischenfall | |
von 1931. | |
Eine japanische Offiziersclique sprengt ein paar Gleise der japanisch | |
kontrollierten südmandschurischen Eisenbahn und schiebt es den Chinesen in | |
die Schuhe. Der über die Köpfe von Regierung und Generalstab hinweg | |
betriebene vermeintliche Gegenangriff mündet in die Besetzung der gesamten | |
Mandschurei. Strategischer Kopf der Unternehmung: Ishiwara Kanji. Aber | |
bereits den Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg von 1937 hält Kanji für | |
einen schweren Fehler. | |
## Faschistoide Hirngespinste | |
Es ist ein bisschen schade, dass Jenkins offenbar meint, Kanjis Geschichte | |
nur mit der Weltkriegs-Auslöser-These verkaufen zu können. Denn was er über | |
dessen von einer radikalen Spielart des Buddhismus und | |
panasiatisch-faschistoiden Hirngespinsten bestimmtes Leben, über das sich | |
rasant modernisierende Japan und über die ideologischen Verwerfungen im | |
durchweg rechtsgerichteten japanischen Militär zu erzählen hat, ist | |
hochinteressant. | |
Diese Perspektive ist neu. Jenkins lässt fast ausschließlich japanische | |
Experten zu Wort kommen. Und verzichtet auf Reenactment-Quatsch – er | |
verlässt sich ganz auf gutes Archivmaterial. | |
Der Mann, der den Zweiten Weltkrieg nicht ausgelöst hatte, wird nicht | |
einmal verurteilt. Er stirbt 1949 als Mitglied einer Bauernkommune. | |
## Film: „Ishiwara Kanji: Der General, der Japan in den Zweiten Weltkrieg | |
führte", Paul Jenkinsi. Dienstag, 20.November, 21:55 Uhr auf Arte. | |
20 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Jens Müller | |
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