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# taz.de -- Antifaschismus: Straßenkampf um Silvio Meier
> Wegen der Klage eines Anrainers muss der Bezirk Friedrichshain die
> Umbenennung einer Straße nach dem von Nazis getöteten Silvio Meier
> stoppen.
Bild: Feuer und Fahne bei der Silvio-Meier-Demonstration 2009.
Es sollte der Höhepunkt des Gedenkens an Silvio Meier sein: die Umbenennung
einer Straße in Friedrichshain für den dort vor 20 Jahren von Neonazis
erstochenen Antifaschisten. Doch eine Silvio-Meier-Straße wird es vorerst
nicht geben: Ein Geschäftsinhaber in der zur Umbenennung vorgesehenen
Gabelsbergerstraße klagt gegen den Beschluss des Bezirks. „Das ist sehr
ärgerlich, aber nun müssen wir die Entscheidung des Verwaltungsgerichts
abwarten“, sagte Bezirksstadtrat Hans Panhoff (Grüne) der taz.
Am Mittwoch erinnert eine Mahnwache im U-Bahnhof Samariterstraße daran, was
dort am 21. November 1992 kurz nach Mitternacht geschah: Der Antifaschist
und Hausbesetzer Meier stellte mit Freunden eine Gruppe von Neonazis zur
Rede, weil einer von diesen einen Aufnäher mit der Parole „Ich bin stolz,
ein Deutscher zu sein“ trug. Ein Nazi stach mit seinem Messer auf Meier
ein, der damals 27-Jährige starb an den Folgen. Drei Täter wurden zu
Haftstrafen verurteilt, der Haupttäter wegen Totschlags zu viereinhalb
Jahren. Seit dem Tod Silvio Meiers demonstrieren Initiativen jedes Jahr im
November, um ein Zeichen gegen rechtsextreme Gewalt zu setzen.
Ein solches Zeichen sollte auch die Umbenennung der nahe dem Tatort
gelegenen Gabelsbergerstraße sein. Deshalb hatte sie das Bezirksparlament
von Friedrichshain-Kreuzberg vergangenen Mai beschlossen. In der
vorgeschriebenen Widerspruchsfrist, die letzte Woche endete, sprachen sich
laut Bezirksamt knapp 20 Anwohner gegen die Umbenennung aus. Der Bezirk
lehnte die Einwände ab, woraufhin ein Gegner vor dem Verwaltungsgericht
klagte.
Der Kläger selbst war am Montag nicht erreichbar. Allerdings bestätigte ein
Nachbar der taz, dass auch er die Klage unterstütze. „Der Plan zur
Umbenennung hat bei uns Unverständnis ausgelöst“, sagte der Mann, der
anonym bleiben will. Zum einen zöge ein neuer Straßenname für
Gewerbetreibende Kosten und Aufwand nach sich. Außerdem habe er Zweifel
daran, dass Silvio Meier als Namenspatron für eine Straße geeignet sei.
„Sein Tod ist absolut tragisch und hätte nicht geschehen dürfen“, sagte d…
Mann, „aber er ist selbst in den Konflikt reingegangen.“ Außerdem habe
Meier als Besetzer auch Hausfriedensbruch und damit Straftaten begangen.
Große Hoffnungen auf einen Erfolg der Klage gegen die Umbenennung macht
sich der Mann allerdings nicht: „Der CDU-Politiker Kurt Wansner hat uns
gesagt, dass das wohl wenig Aussicht auf Erfolg hätte.“ Wansner, der für
die CDU im Abgeordnetenhaus sitzt, hatte sich einst lange gegen die auch
von der taz geforderte Umbenennung eines Teils der Kreuzberger Kochstraße
in Rudi-Dutschke-Straße gewehrt – erfolglos. Der Axel Springer Verlag und
andere waren mit ihrer Klage gegen die Dutschke-Straße gescheitert.
## Entscheidung erst 2013
Darauf verwies auch Bezirksstadtrat Panhoff. Er sei zuversichtlich, dass
der Bezirk am Ende recht und Friedrichshain eine Silvio-Meier-Straße
bekomme. Mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei jedoch erst im
nächsten Jahr zu rechnen. „Es ist sehr bedauerlich, wir wollten die
Umbenennung mit dem 20. Jahrestag verbinden“, sagte Panhoff.
Die Verzögerung aufgrund der Klage sei schade, sagte auch Damiano Valgolio,
Vertreter der Initiative Aktives Gedenken, die sich seit 2011 für eine
Silvio-Meier-Straße einsetzt. „Aber jeder hat das Recht auf eine
gerichtliche Überprüfung.“ Den Bezirk forderte Valgolio auf, zu prüfen, ob
eine vorläufige Umbenennung ab sofort möglich sei: „Eine solche Straße
verhindert das Vergessen und stärkt allen den Rücken, die sich gegen
rassistische Gewalt wehren.“
19 Nov 2012
## AUTOREN
S. Puschner
K. Litschko
## TAGS
Berlin
Friedrichshain
Antifaschismus
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