# taz.de -- Krieg in Ost-Kongo: Waffenbrüder vereint | |
> Nach ihrer Einnahme von Goma nehmen die M23-Rebellen tausende Soldaten | |
> und Polizisten der Regierung auf. Langsam kehrt der Alltag zurück. | |
Bild: Polizisten und Soldaten schließen sich den M23-Rebellen in Goma an. | |
GOMA taz | Mit einem Salut begrüßt Oberstleutnant Eric Mankesi seine neuen | |
Vorgesetzten. Die Kommandeure der siegreichen Rebellenbewegung M23 | |
(Bewegung des 23. März) marschieren ins Stadion ein. Hunderte Polizisten | |
und Soldaten der geschlagenen Regierungsarmee – teils in zivil, teils in | |
Uniform – stehen seit dem frühen Morgen im größten öffentlichen | |
Veranstaltungsort von Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma für sie bereit. | |
Am Vortag hatten die Rebellen der M23 die ostkongolesische Millionenstadt | |
nach heftigen Gefechten erobert. Die Regierungsarmee hatte den Rückzug | |
angetreten. Doch nicht alle Soldaten sind geflohen. Die meisten hatten | |
einfach ihre Uniformen ausgezogen und sich versteckt, während die Rebellen | |
ihren Einzug feierten. Die M23-Führung forderte dann über Radio diese | |
Soldaten und Polizisten auf, am nächsten Morgen im Stadion von Goma ihre | |
Waffen abzugeben und zur M23 überzulaufen. | |
Oberstleutnant Mankesi hat als ranghöchster Offizier den ganzen Morgen | |
seine Männer gezählt, ihre Ränge in Handschrift auf Blätter notiert. Diese | |
Liste übergibt er jetzt der M23-Kommandantur. „Es sind rund 2100 Soldaten | |
und rund 700 Polizisten“, erklärt M23-Oberst Seraphin Mirindi lächelnd, | |
„eine gute Unterstützung für uns“. Oberstleutnant Mankesi zuckt seufzend | |
mit den Schultern: „Wir haben ja keine Wahl“, sagt er und befiehlt seinen | |
Soldaten, ihre Waffen den Rebellen auszuhändigen. | |
Dann marschieren Polizisten im Gleichschritt durch das Stadion, salutieren | |
vor der großen Tribüne vor den M23-Kommandeuren. Rebellensprecher | |
Oberstleutnant Vianney Kazarama tritt ans Mikrophon. Die Menge jubelt ihm | |
zu, während er seine Siegesrede hält. Er wettert über die allgegenwärtige | |
Korruption der Politiker und Generäle, das Versagen der kongolesischen | |
Regierung: „Wir werden Bukavu, Kisangani und dann Kinshasa befreien“, | |
verkündet er. Präsident Joseph Kabila müsse abtreten und „uns unser Land | |
zurückgeben!“ Die Menge jubelt. | |
Blaise Ciza schlendert nach der Ansprache aus dem Stadion. Er ist extra | |
hergekommen um sich anzuhören, was Gomas neue Herrscher vorhaben. „Nun, es | |
sind zumindest Rebellen mit einer Vision und Ideologie“, sagt er und zuckt | |
mit den Schultern. Er ist überrascht, dass es während der Nacht keine | |
Plünderungen gegeben hat und die M23 zunächst Sicherheit garantiert. „Wir | |
Menschen hier haben ja keine Wahl“, seufzt er. „Wir müssen akzeptieren, wer | |
auch immer hier die Herrschaft übernimmt.“ | |
Währenddessen kehrt langsam ein wenig normales Leben in die Millionenstadt | |
zurück. Tagelang waren während den Gefechten alle Geschäfte in Goma | |
geschlossen, die Leute hatten sich in ihren Häusern verkrochen. Nach und | |
nach öffnen an diesem Morgen einige Läden, die Leute wandern herum, um | |
Lebensmittel zu kaufen. Schulen und Behörden sind jedoch immer noch | |
geschlossen. Die UN-Blauhelmtruppe patroulliert die Straßen. Die M23 hat | |
angekündigt, dass sie sobald wie möglich eine Verwaltung einsetzen will, | |
damit das normale Leben weitergehen könne. Ihre politische Führung wollte | |
noch am Mittwoch in Goma eintreffen. | |
21 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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