# taz.de -- Spendenaffäre um L'Oréal-Erbin: Sarkozy kommt erstmal noch davon | |
> Zwölf Stunden wurde der französische Expräsident Nicolas Sarkozy als | |
> Zeuge verhört. Er steht unter Verdacht, Spenden von Lilliane Bettencourt | |
> angenommen zu haben. | |
Bild: Kam sicherlich ins Schwitzen bei 12 Stunden Verhör: Nicolas Sarkozy. | |
PARIS/BORDEAUX dapd | Der französische Expräsident Nicolas Sarkozy kommt in | |
der Spenden- und Korruptionsaffäre um L'Oréal-Erbin Lilliane Bettencourt | |
vorerst um eine Anklage herum. Nach einem zwölfstündigen Verhör verließ er | |
den Gerichtssaal in Bordeaux am Donnerstagabend als wichtiger und | |
potenziell verdächtiger Zeuge. Im Lauf des Verfahrens könne Sarkozy aber | |
noch eine Anklage drohen, sagte Staatsanwalt Claude Laplaud der | |
Nachrichtenagentur Sipa. Der Anwalt des früheren Präsidenten bezeichnete | |
die Entscheidung der Ermittlungsrichter dennoch als Sieg. | |
Sarkozy steht unter dem Verdacht, für seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 | |
hohe Summen von Bettencourt erhalten zu haben. Die heute 90-jährige | |
Milliardärin war damals allerdings schon für nicht mehr voll | |
zurechnungsfähig erklärt worden. Der Expräsident soll die Schwäche der | |
reichsten Frau Frankreichs ausgenutzt haben. Zudem soll er versucht haben, | |
in der Affäre auf einen Staatsanwalt Einfluss zu nehmen. | |
Ohne ihr Wissen könnte Geld vom Schweizer Konto Bettencourts über ihren | |
Finanzverwalter an den Schatzmeister von Sarkozys Kampagne, Eric Woerth, | |
übergeben worden sein. Ein Treffen der beiden Männer fand zwei Tage nach | |
einer Bargeldabhebung über 400.000 Euro statt. | |
Eine frühere Buchhalterin Bettencourts erklärte zudem, einen Betrag von | |
150.000 Euro in bar übergeben zu haben, der für Sarkozys Wahlkampfkampagne | |
bestimmt gewesen sei. In Frankreich sind Wahlkampfspenden nur bis 7.500 | |
Euro erlaubt. | |
Außerdem untersuchte Richter Jean-Michel Gentil in Bordeaux mehrere Treffen | |
Sarkozys mit dem Staatsanwalt von Nanterre, Philippe Courroye, der bis | |
November 2010 für den Fall zuständig war. Der Expräsident könnte versucht | |
haben, die Ermittlungen zu beeinflussen. Es sei nicht überraschend, dass | |
ein Staatschef Vertreter der Justiz treffe, sagte der Sarkozy-Vertraute | |
Claude Guéant im Radiosender RTL. Der frühere Innenminister wies den | |
Vorwurf illegaler Wahlkampffinanzierung zurück. Angesichts der strengen | |
Regeln und Kontrollen sei das „völlig ausgeschlossen“. | |
## Wahlniederlage war das Ende der Immunität | |
Ermittler hatten im Sommer das Büro des Expräsidenten durchsucht und auch | |
seine Terminkalender überprüft. Das Verhör Sarkozys, der die Vorwürfe | |
zurückweist, könnte in ein Ermittlungsverfahren münden. Der 57-Jährige | |
verlor die Präsidentschaftswahl im Mai gegen den Sozialisten François | |
Hollande. Die Niederlage kostete Sarkozy auch seine Immunität, die ihn bis | |
dato vor einer Strafverfolgung in dem Fall geschützt hatte. | |
Sein Anwalt Thierry Herzog feierte die jüngste Entscheidung der | |
Ermittlungsrichter als Sieg für seinen Mandanten. Die Affäre „existiert | |
nicht länger“, erklärte Herzog am Donnerstagabend im Radiosender RTL. | |
Sarkozys Vertrauter Patrick Balkany sagte dem TV-Sender BFM, er habe mit | |
dem früheren Präsidenten nach der Anhörung gesprochen. „Er war zufrieden�… | |
erklärte Balkany. | |
Ausgestanden dürfte die Affäre für Sarkozy jedoch nur bedingt sein: Der | |
Expräsident bekam von den Ermittlungsrichtern einen Status zugesprochen, | |
mit dem er sich nach französischem Recht zwischen einem einfachen Zeugen | |
und einem formalen Verdächtigen bewegt. Damit könnte Sarkozy im | |
Verfahrensverlauf noch eine Anklage wegen mutmaßlichen Missbrauchs einer | |
Person mit beeinträchtigtem Gesundheitszustand, Betrugs sowie | |
Vertrauensmissbrauchs ins Haus stehen. | |
Nach seiner Wahlniederlage trat der konservative Politiker als Redner auf | |
internationalen Konferenzen auf wie zuletzt diese Woche in London. Eine | |
Gruppe von Anhängern fordert allerdings die Rückkehr Sarkozys in die | |
Politik. Der erbitterte parteiinterne Streit um seinen Nachfolger als | |
Parteivorsitzender der konservativen UMP stärkte zuletzt die Chancen des | |
Expräsidenten für ein Comeback. | |
Vor Sarkozy war bereits Expräsident Jacques Chirac nach seinem Ausscheiden | |
aus dem Amt im Visier der Justiz geraten. Der bald 80-Jährige war vor knapp | |
einem Jahr wegen Scheinarbeitsstellen in seiner Zeit als Pariser | |
Bürgermeister zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Chirac | |
war der erste Expräsident der Nachkriegszeit, gegen den ein solches Urteil | |
gesprochen wurde. | |
23 Nov 2012 | |
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