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# taz.de -- Fall in Frankfurt: Bewusstlos geprügelt von der Polizei?
> Derege Wevelsiep wurde mutmaßlich Opfer schwerer Polizeigewalt. Grüne und
> Amnesty International fordern eine unabhängige Beschwerdestelle.
Bild: Polizeiübergriffe gibt es nicht nur in Hessen: Protestaktion in Dessau
FRANKFURT/M. taz | Der Fall hat hohe Wellen geschlagen, nun werden
Forderungen nach Konsequenzen laut. Nachdem ein Deutscher schwarzer
Hautfarbe vier Frankfurter PolizistInnen beschuldigte, ihn grundlos
misshandelt zu haben, fordern hessische Politiker von SPD, Grünen und
Linkspartei eine unabhängige Beschwerdestelle für Polizeigewalt.
„Diese könnte sowohl Fälle von Polizeigewalt lückenlos aufklären als auch
unberechtigte Vorwürfe ausräumen“, meint der innenpolitische Sprecher der
Grünen im hessischen Landtag, Jürgen Frömmrich. Denn bisher ermittelt bei
solchen Vorwürfen die Polizei stets gegen sich selbst. Nur wenige dieser
Fälle landen vor Gericht und diese enden meist mit einem Freispruch.
Durch eine unabhängige Beschwerdestelle, die womöglich selbst Ermittlungen
führen könnte, räume man den „Vorwurf des Korpsgeistes“ aus, so Frömmri…
Auch hätten Opfer mehr Vertrauen in eine unabhängige Stelle. Dies wird auch
von Amnesty International seit Längerem gefordert.
Ein Bericht der Menschenrechtsorganisation zeigt, dass die Frankfurter
Vorkommnisse kein Einzelfall sind. „In den letzten Jahren gibt es vermehrt
Beschwerden von Menschen mit Migrationshintergrund über polizeiliches
Fehlverhalten und eine rassistische Tonlage“, so der Amnesty-Experte für
Polizeigewalt, Alexander Bosch. Deshalb fordert Amnesty außerdem,
Menschenrechtsbildung und interkulturelle Kompetenz in der
Polizeiausbildung zu stärken.
Auch das mutmaßliche Opfer der Frankfurter Übergriffe, Derege Wevelsiep,
findet diese Ideen prinzipiell „sinnvoll“, hat allerdings seit den
Vorfällen vom 17. Oktober sein Vertrauen in die Behörden verloren: „Ich
weiß, dass ich Recht habe, aber ich weiß nicht, ob ich Recht bekomme.“
Was ist passiert an diesem Mittwochabend im Oktober? Als Derege Wevelsiep
in die U-Bahn steigt, um nach Hause zu fahren, ist seine Welt noch in
Ordnung. Der gebürtige Äthiopier mit deutschem Pass mag seine neue Heimat,
hat hier studiert und arbeitet in Frankfurt als Elektroingenieur. Doch was
dann passiert, so erzählt er, ändert sein Bild von Deutschland radikal.
## Geschlagen und getreten
Zunächst geht es um eine Lappalie: U-Bahn-Kontrolleure beschuldigen seine
Verlobte, keine gültige Fahrkarte zu haben. Wevelsiep widerspricht und
sagt, die Kontrolleure hätten die beiden rassistisch beleidigt. Die Polizei
wird hinzugerufen. Doch die kann die Situation nicht entschärfen, im
Gegenteil.
Nach einer kurzen verbalen Auseinandersetzung hätten die Polizisten ihn auf
die Straße gezerrt, grundlos und ohne Gegenwehr geschlagen und getreten,
erzählt der 41-Jährige. Anschließend seien die drei Männer und eine Frau in
Uniform mit ihm in seine Wohnung gefahren und hätten sich unerlaubt Zutritt
verschafft.
Seine Verlobte findet ihn bewusstlos im Schlafzimmer. Wevelsiep wird in ein
Krankenhaus eingeliefert, der Befund diagnostiziert neben einer
Gehirnerschütterung mit Bewusstlosigkeit auch etliche Prellungen.
## Enttäuscht und ratlos
„Ich verstehe das alles nicht“, sagt er. Er, der Deutschland einst
„liebte“, der sich hier heimisch fühlte. „Ich hätte das nie erwartet, n…
habe ich Angst.“ Er klingt enttäuscht, ratlos – und spricht von
Ausländerfeindlichkeit.
Noch steht zwar Aussage gegen Aussage, doch vieles spricht für Wevelsieps
Darstellung. Sein Anwalt erstattete inzwischen Strafanzeige gegen die
Beamten. Von der Polizei gibt es „keinerlei Stellungnahme“, so ein
Sprecher. „Das ist Sache der zuständigen Staatsanwaltschaft.“ Wegen
„laufender Ermittlungen“ will sich diese ebenso noch nicht äußern.
Von der Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle hält das zuständige
hessische Innenministerium indes wenig: „Die rechtliche Situation ist
abschließend geregelt. Die Ermittlungen von angezeigten Straftaten obliegen
der Staatsanwaltschaft und der Polizei“, so ein Sprecher.
26 Nov 2012
## AUTOREN
Timo Reuter
Timo Reuter
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Frankfurt am Main
Beschwerdestelle
Schwerpunkt Rassismus
Teresa Z.
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