# taz.de -- Google und das Leistungsschutzrecht: Angstgesetz vs. Marktbeherrsch… | |
> Philipp Otto fürchtet beim Leistungsschutzrecht Rechtsunsicherheit und | |
> Abmahnverfahren. Dietmar Wolff möchte lieber über Suchmaschinen | |
> diskutieren. | |
Bild: LSBäh! Protest gegen das Leistungsschutzrecht in Frankfurt/M | |
taz: Herr Otto, was ist falsch daran, dass Google den Verlagen ein wenig | |
abgeben soll? | |
Philipp Otto: Falsch ist, dass hier durch gezielte Falschbehauptungen und | |
Angstkampagnen seitens der Verlage die Politik genötigt werden soll, in | |
einen funktionierenden Markt einzugreifen. Bislang profitieren die Verlage | |
von Suchmaschinenbetreibern wie Google und diese wiederum von den Verlagen. | |
Es ist auch deswegen falsch, weil das Gesetz massive Rechtsunsicherheit bei | |
Anbietern, Nutzern und Unternehmen erzeugen wird. Das Gesetz ist eine | |
Jobmaschine für Abmahnanwälte und verkennt dem Grunde nach, wie das | |
Internet funktioniert. | |
Im Netz kursieren viele Behauptungen, was alles passieren könnte, wenn ein | |
Leistungsschutzrecht käme. Was davon ist realistisch? | |
Man muss davon ausgehen, dass die Hürden für neue innovative | |
Geschäftsmodelle stark erhöht werden. Es ist ein weltweit einmaliges | |
Angstgesetz Made in Germany. Zudem droht kleineren Zeitungen eine | |
Existenzkrise, da sie in der Folge faktisch aus der digitalen | |
Öffentlichkeit verschwinden würden. Die Politik wäre sehr gut beraten, | |
genau zu überlegen, ob der Springer-Konzern ihr dieses Gesetz vorschreiben | |
darf. | |
Ihre Initiative IGEL hat Geld von Google bekommen. Wie viel war es denn | |
genau? Und sind Sie noch unabhängig? | |
Google ist einer der inzwischen 100 Unterstützer unseres | |
Informationsportals. Wir sind stolz, dass so viele kleine und große | |
Organisationen, Unternehmen und Vereinigungen die Grundidee von IGEL | |
teilen: Aufklärung über ein falsches Gesetz. Wir arbeiten komplett | |
unabhängig. Weder Google noch einer der anderen Unterstützer bestimmt, wie | |
und was wir berichten. (INTERVIEW: FALK LÜKE) | |
*** | |
taz: Herr Wolff, Google ruft seit Dienstag seine Nutzer dazu auf, ihr Netz | |
zu „verteidigen“. Wie kommt das bei Ihnen an? | |
Dietmar Wolff: Wir sind überrascht, dass ein Wirtschaftsunternehmen so | |
auftritt und seine marktbeherrschende Stellung ganz unverhohlen als Waffe | |
einsetzt. | |
Nun ist es aber nicht so, dass die gesamte Verlagslandschaft hinter einem | |
Leistungsschutzrecht steht. | |
Das bleiben Einzelstimmen. In ihrer großen Breite ist die Verlegerschaft | |
dafür. Ein Leistungsschutzrecht ist nicht die Lösung aller | |
Herausforderungen, aber ein wichtiger Baustein für die Zukunft. | |
Google könnte sich einem Leistungsschutzrecht verschließen, indem es | |
Angebote deutscher Verlage nicht mehr listet. Was wäre dann? | |
Wir vertrauen für ein solches Szenario fest auf die angemessenen Reflexe | |
von Gesellschaft und Politik. So oder so ist allerdings schon heute eine | |
Debatte über die Rolle dominierender Suchmaschinen nötig. | |
Warum das? | |
Google ist die zeitgenössische Set-Top-Box aller Medieninhalte. Sie ist | |
vorprogrammiert, sie ist marktbeherrschend und sie ist in ausländischer | |
Hand. Und trotzdem sind viele kritiklos fasziniert von Google statt | |
alarmiert. Das stimmt mich sehr nachdenklich. | |
Reden Sie eigentlich mit Google über Ihre Sorgen? | |
Wir versuchen das seit Jahren, auch auf Ebene unseres Weltverbandes. Aber | |
es ist bei dem Konzern gar nicht so einfach, jemanden zu erreichen, der | |
entscheiden kann. Das Gespräch, das zu Beginn der Auseinandersetzung einst | |
in Kalifornien zustande kam, war sehr unbefriedigend. Wir liegen offenbar | |
unter der Wahrnehmungsschwelle von Google. (INTERVIEW: DANIEL BOUHS) | |
28 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
F. Lüke | |
D. Bouhs | |
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