# taz.de -- Inklusion in Grundschulen: Kampf um den Förderbedarf | |
> Weil für den Start der Inklusion in Niedersachsen Sonderpädagogen fehlen, | |
> werde schon jetzt seltener ein Förderbedarf attestiert, befürchten die | |
> Landtagsgrünen | |
Bild: Noch nicht verbindlich gestartet, trotzdem gibts schon Probleme: Inklusio… | |
HANNOVER taz | Seit Beginn des aktuellen Schuljahrs haben erste | |
Grundschulen in Niedersachsen freiwillig inklusiven Unterricht eingeführt. | |
Ab dem Schuljahr 2013 / 14 startet der gemeinsame Unterricht für behinderte | |
und nichtbehinderte Kinder landesweit in ersten und fünften Klassen. | |
Probleme sieht die Grünen-Bildungspolitikerin Ina Korter schon jetzt: Immer | |
häufiger würde Kindern erst gar kein sonderpädagogischer Förderbedarf mehr | |
attestiert. | |
Zuständig für die Feststellung eines solchen Förderbedarfs ist die | |
Landesschulbehörde. Sie hat bei ihrer Entscheidung auch den Bericht der so | |
genannten Förderkommission zu berücksichtigen, in der Schulleitung, Lehrer | |
und Erziehungsberechtigte des betroffenen Kindes vertreten sind. So sieht | |
es die aktuell gültige Verordnung des Kultusministeriums vor. | |
Laut Korter häufen sich aber die Fälle, in denen die Behörde entgegen der | |
Empfehlung der Förderkommission entscheide. So werde etwa Kindern mit | |
Autismus sonderpädagogische Förderung mit dem Argument versagt, die | |
Zensuren seien gut, eine Versetzung nicht gefährdet. Korters Befürchtung: | |
Bei der Feststellung des Förderbedarfs werde schon jetzt einer neuen | |
Ministeriumsverordnung vorweggegriffen, die derzeit noch als Entwurf | |
kursiert und offiziell ab Februar gelten soll. | |
Demnach soll eine solche Feststellung überhaupt erst eingeleitet werden, | |
wenn „alle anderen schulischen Fördermaßnahmen ausgeschöpft wurden“. Und | |
auch Ressourcen für gesonderte Unterstützung soll die Schulbehörde künftig | |
erst dann zuteilen. Die Konsequenz in der Praxis, warnt Korter: „Kinder | |
müssen erst Scheitern und Sitzenbleiben erleben, bevor ihnen | |
Unterstützungsbedarf attestiert wird.“ | |
Konkrete Zahlen zur Entwicklung der Entscheidungen der Landesschulbehörde | |
über Förderbedarfsfälle hat Korter schon Anfang des Monats in einer | |
parlamentarischen Anfrage bei Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) | |
angefordert. Die wird sie allerdings erst nach der Landtagswahl im Januar | |
bekommen: Althusmanns Ministerium hat sich für die Antwort | |
Fristverlängerung bis Februar erbeten. Auf taz-Nachfrage versichert man bei | |
der Schulbehörde unterdessen, Fälle, in denen trotz entsprechender | |
Empfehlung der Förderkommission kein Förderbedarf zugesprochen werde, seien | |
„die absolute Ausnahme“. | |
Grünen-Politikerin Korter bezweifelt das angesichts der Beschwerden über | |
„rigides Vorgehen“, die bei ihr eingehen. Ihre Vermutung ist vielmehr, dass | |
sich schon jetzt abzeichne, dass für einen erfolgreichen Start der | |
inklusiven Schule schlicht zu wenig Sonderpädagogen eingeplant seien – und | |
das mit sinkenden Fallzahlen aufgefangen werden soll. „Die Inklusion“, sagt | |
sie, „wird aber nicht klappen und akzeptiert werden, wenn nicht genügend | |
Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.“ Derlei Probleme wolle die | |
Landesregierung „vor der Wahl aber offenbar nicht mehr benennen“. | |
28 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
## TAGS | |
IT-Branche | |
Inklusion | |
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