# taz.de -- Bersani wird Spitzenkandidat: Italiens Linke erhebt die Faust | |
> Das Mitte-links-Bündnis bestimmt mit Pierluigi Bersani seinen neuen | |
> Spitzenkandidaten. Damit könnte es bei den Wahlen im März 2013 erstmals | |
> den Sieg erringen. | |
Bild: Hat beste Chancen, Italiens nächster Regierungschef zu werden: Pierluigi… | |
ROM taz | Pierluigi Bersani ist der Spitzenkandidat des | |
Mitte-links-Bündnisses bei den nächsten Parlamentswahlen in Italien. Mit 61 | |
Prozent gewann der 61-jährige Vorsitzende der Partito Democratico (PD) am | |
Sonntag klar die Stichwahl der Primaries gegen seinen Herausforderer Matteo | |
Renzi und hat nun beste Chancen, der nächste Regierungschef Italiens zu | |
werden. | |
Insgesamt 2,5 Millionen Menschen gaben ihre Stimme ab, nachdem eine Woche | |
zuvor in der ersten Runde – mit fünf Kandidaten – 3,1 Millionen in die | |
Wahllokale gefunden hatten. Während Bersani, der im ersten Wahlgang bei 45 | |
Prozent gelegen hatte, seinen Anteil deutlich ausbauen konnte, gelangen dem | |
von 35 Prozent startenden Renzi bloß bescheidene Zugewinne auf knapp 39 | |
Prozent. Nur in seiner Heimatregion Toskana konnte der 37-jährige | |
Bürgermeister von Florenz die Mehrheit erobern, ansonsten trug Bersani in | |
ganz Italien den Sieg davon. | |
Die hohe Wahlbeteiligung sowie der überraschend klare Vorsprung vor dem | |
Herausforderer verschaffen Bersani eine Legitimation, wie sie deutlicher | |
nicht hätte ausfallen können. Renzi unterlag mit seinem Projekt der | |
Kompletterneuerung der Mitte-links-Koalition, das er unter dem Stichwort | |
„Verschrottung der Altvorderen in der Partei“ vorangetrieben hatte. | |
Renzi stand dabei nicht bloß für einen radikalen Generationenwechsel, | |
sondern auch für eine moderate Rechtswende der Partei, der er vorwarf, mit | |
„altlinken“, klassisch sozialdemokratischen Positionen auf der sicheren | |
Verliererstraße zu sein. Renzi inszenierte sich dabei als italienischer | |
Tony Blair, der die alte Garde der Partei in Rente schicken und den | |
Sparkurs der Technokratenregierung unter Mario Monti fortzuführen. | |
Bersani dagegen erklärte sich zum „geprüften Gebrauchtmodell“, das die | |
Verschrottung nicht verdient und die Akzente der Sparpolitik nach links | |
verschieben will. Diese Botschaft mobilisierte in der zweiten Runde auch | |
die Wähler, die zuvor Nichi Vendola, dem Linksausleger der Koalition, 16 | |
Prozent beschert hatten. Vendola, Gouverneur in Apulien und Chef der Partei | |
Sinistra Ecologia Libertà (Linke, Ökologie, Freiheit), hatte seine Wähler | |
aufgerufen, in der Stichwahl für Bersani zu stimmen. | |
Dennoch trug Renzi, der auf nationaler Ebene nie Parteiämter bekleidet hat, | |
mit seinem Resultat einen Achtungserfolg davon, der ihm in Zukunft großes | |
Gewicht verschaffen wird. Siegerin ist aber auch die PD: Während sie vor | |
der Kampagne für die Primaries in allen Umfragen bei etwa 25 Prozent | |
festgenagelt schien, konnte sie sich in den letzten zwei Monaten auf nun | |
gute 30 Prozent steigern. Der gesamten Mitte-links-Allianz werden rund 40 | |
Prozent der Stimmen bei der Parlamentswahl im März 2013 zugetraut. | |
Damit hätte das Bündnis unter Bersani beste Siegchancen: Nach dem aktuellen | |
Wahlrecht erhält die vorne liegende Koalition automatisch 54 Prozent der | |
Parlamentssitze. Die Berlusconi-Rechte dagegen ist in diesen Tagen dabei, | |
sich selbst zu zerlegen, und geht mit gegenwärtig nicht einmal 15 Prozent | |
in den Umfragen einer sicheren Niederlage entgegen. Noch nicht sortiert hat | |
sich das im gemäßigten Mitte-rechts-Bereich zu verortende Lager der | |
Monti-Anhänger, das aber kaum über 15 Prozent hinauskommen dürfte. Zur | |
größten Oppositionspartei gegenüber einer Regierung Bersani könnte damit | |
die Anti-Parteienliste der „5-Sterne-Bewegung“ unter Beppe Grillo | |
aufsteigen, die gegenwärtig etwa 20 Prozent der Wähler hinter sich hat. | |
3 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
Michael Braun | |
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